Friedrich SchillerFriedrich Schiller

Friedrich Schiller an Heribert von Dalberg

[Sachsenhausen d. 30. September. Montag. 1782.]

Euer Excellenz werden von meinen Freunden zu Mannheim meine Lage bis zu Ihrer Ankunft, die ich leider nicht mehr abwarten konnte, erfahren haben. Sobald ich Ihnen sage, ich bin auf der Flucht, sobald habe ich mein ganzes Schiksal geschildert. Aber noch kommt das schlimste hinzu. Ich habe die nöthigen Hilfsmittel nicht, die mich in den Stand sezten, meinem Mißgeschik Troz zu bieten. Ich habe mich von Stuttgardt, meiner Sicherheit wegen, schnell, und zur Zeit des Grosfürsten losreißen müssen. Dadurch habe ich meine bisherigen ökonomischen Verhältnisse plözlich durchrissen, und nicht alle Schulden berichtigen können. Meine Hoffnung war auf meinen Aufenthalt zu Mannheim gesezt; Dort hoffte ich von Ew Exzellenz unterstüzt, durch mein Schauspiel, mich nicht nur schuldenfrei als auch überhaupt in bessere Umstände zu sezen. Diß ward durch meinen nothwendigen plözlichen Aufbruch hintertrieben. Ich ging leer hinweg, leer in Börse und Hofnung. Es könnte mich schaamroth machen, daß ich Ihnen solche Geständnisse thun muss, aber, ich weiss, es erniedrigt mich nicht. Traurig genug, daß ich auch an mir die gehässige Wahrheit bestätigt sehen muss, die jedem freien Schwaben Wachstum und Vollendung abspricht.

Wenn meine bisherige Handlungsart, wenn alles das woraus Ewr Exzellenz meinen Karakter erkennen, Ihnen ein Zutrauen gegen meine Ehrliebe einflössen kann, so erlauben Sie mir, sie freimütig um Unterstüzung zu bitten. So höchst nothwendig ich izt des Ertrages bedarf, den ich von meinem Fiesko erwartete, so wenig kann ich ihn vor 3 Wochen theaterfertig liefern, weil mein Herz so lange beklemmt war, weil das Gefühl meines Zustandes mich gänzlich von dichterischen Träumen zurükriss. Wenn ich ihn aber biss auf besagte Zeit nicht nur fertig, sondern, wie ich auch hoffen darf, würdig verspreche, so nehme ich mir daraus den Muth, Ewr Exzellenz um gütigsten Vorschuss des mir dadurch zufallenden Preises gehorsamst zu bitten, weil ich izt, vielleicht mehr als sonst durch mein ganzes Leben, dessen benöthigt bin Ich hätte ohngefähr noch 200 fl. nach Stuttgardt zu bezahlen. Ich darf es Ihnen gestehen, daß mir das mehr Sorgen macht, als wie ich mich selbst durch die Welt schleppen soll. Ich habe so lange keine Ruhe, biss ich mich von der Seite gereinigt habe.

Dann wird mein Reisemagazin in 8 Tagen erschöpft seyn. Noch ist es mir gänzlich unmöglich mit dem Geiste zu arbeiten. Ich habe also gegenwärtig auch in meinem Kopf keine Ressourcen. Wenn Ewr Exzellenz (da ich doch einmal alles gesagt habe) mir auch hiezu 100 fl. vorstreken würden, so wäre mir gänzlich geholfen. Entweder würden Sie dann die Gnade haben, mir den Gewinnst der ersten Vorstellung meines Fiesko mit aufgehobenem Abonnement zuzusprechen, oder mit mir über ein Preiss übereinkommen, den der Werth meines Schauspiels bestimmen würde. In beiden Fällen würde es mir ein leichtes seyn (wenn meine izige Bitte die alsdann erwachsende Summe überstiege) beim nächsten Stük das ich schreibe die ganze Rechnung zu applanieren. Ich lege diese Meinung, die nichts als inständige Bitte seyn darf, dem Gutbefinden Euer Exzellenz also vor, wie ich es meinen Kräften zutrauen kann sie zu erfüllen.

Da mein gegenwärtiger Zustand aus dem bisherigen hell genug wird, so finde ich es für überflüssig, Euer Exzellenz mit einer drängenden Vormahlung meiner Noth zu quälen. Schnelle Hilfe ist alles was ich izt noch denken und wünschen kann. H. Meyer ist von mir gebeten mir den Entschluss Euer Exzellenz unter allen Umständen mitzutheilen, und Sie selbst des Geschäfts mir zu schreiben zu überheben.

Mit entschiedener Achtung nenne ich mich Eurer Exzellenz

wahrsten Verehrer

Frid. Schiller.