Friedrich SchillerFriedrich Schiller

Friedrich Schiller an Henriette von Wolzogen

Bauerbach, Frühmorgens am 28. Mai [Mittwoch] 83.

Alle gute Geister heute über Sie!

Da siz ich, reibe mir die Augen, will zu Ihnen, und besinne mich, daß ich den Kaffé allein trinken mus – aber mein Herz ist zwischen Ihnen und unsrer Lotte, und begleitet Sie bis ins Zimmer der Herzogin. Heute Freundin wünsche ich Ihnen die Stimme eines Donners – die Festigkeit eines Felsen, und die Verschlagenheit der Schlange im Paradies. Denken Sie daran daß Sie nichts als elende hundert Thaler dran sezen, aber für Sich und die Lotte und auch für mich alles zu gewinnen haben. Sagen Sie die ganze Pension1 ab, so will ich alle Jahr eine Tragödie mehr schreiben, und auf den Titel sezen: Trauerspiel für die Lotte.

Im Ernst, liebe Freundin, sehen Sie zu, daß Sie mit guter Art von der H. loskommen, und die Lotte von der Amtmännin erlösen.

Ich erwarte Sie also 7 Uhr zu Masfeldt bei der Pachterin bis dahin lebe ich einen langen traurigen Tag. Das obere Wohnzimmer wird heut und morgen nicht gebrükt. Der Schreiner sagt, daß er unmöglich fertig werden könne. Das Maas für die Schuhe folgt. Außerdem fodert der Schneider 3 Duzend kleine beinerne Knöpfe zu der Weste und Hosen, welche Sie so gnädig seyn werden zu besorgen. Also um 7 Uhr praecise bei der Pachterin, und die Neuigkeit mit Ihnen, daß Lotte von der Amtmännin wegkommt.

Bis dahin Ihr hoffnungsvoller Freund

R.

Diese Blumen schike ich der Lotte.

[Adresse:]
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  Frau v. Wolzogen
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