Friedrich SchillerFriedrich Schiller

Friedrich Schiller an Reinwald

 

[Dresden 13. October Freitag 1786.]

Meine Schwester irrt sich wenn sie glaubt daß ich an der großen Welt hänge. Ich lebe hier wie ein Einsiedler, und habe fast alle Bekanntschaften vermieden. Meine Freunde sind mir genug. Überhaupt liebe ich die Stille. Ich vermuthe sehr stark daß ihr mich nach Ostern einige Tage zu sehen bekommen werdet.

Nach Hause habe ich vor ohngefähr 6 oder 8 Wochen geschrieben und erwarte täglich antwort. Ich bin unterdeßen froh, daß alles wol ist, wie ich aus dem Briefe meiner Schwester schließen kann. Eure Art zu leben hat meinen ganzen Beifall und daß ihr euch die Menschen eures Standes nicht zum Muster nehmt, billige ich sehr. Da ist nichts als der Bauch der gepflegt wird – Das sind die Berührungspunkte dieser Menschen, ihre Genüße und ihre Freuden.

Deine Briefe lieber, sollen mir sehr willkommen sein. Es ist mir lieb daß Du meiner Idee beipflichtest. Diese Arbeiten machen Dir Vergnügen und gutes Blut, werden mit Vergnügen gelesen, und vor die Bezahlung wollen wir Wege ausfündig machen. Ob die Thalia fortgesezt wird ist noch sehr zweifelhaft. Ueber ein italienisches Buch werde ich Dir im nächsten Brief meine Meinung schreiben, überhaupt will ich suchen ein zweckmäßiges Geschäft und den Verlag davon für Dich auszumachen. Mit Ungeduld erwarte ich eure Empfindungen über das was ihr in den 3 lezten Heften der Thalia lesen werdet.

Adieu liebe gute Kinder. Seid glüklich und denkt manchmal

an euren euch zärtlich liebenden

Bruder Friz.

  Der Frau von Wolzogen und Familie
      u. Mlle. Döbnern empfehlt mich.