Friedrich SchillerFriedrich Schiller

Friedrich Schiller an Lotte v. Lengefeld

[Rudolstadt 2. Sept. Dienstag 1788.]

Sie sind nicht einmal 2 Tage von uns und wie lange däucht es mir schon! Dieses kleine Pröbchen von Trennung gibt mir gar schlechte Erwartungen von der größern Trennung, die mir bevorsteht. Alles vermißt Sie, aber ich gewiß nicht am wenigsten. Möchten Sie indeßen nur recht angenehm leben, und sich manchmal unter uns sehnen!

Gestern Nachmittag haben wir, Ihre Mutter Ihre Schwester und ich, gar still und herzlich beisammen geseßen und da sind denn alte Projekte aufgewärmt und neue geschmidet worden. Aber steht das Schicksal in unsern Händen? Ich freue mich mir die Zukunft so schön zu mahlen, als ich kann, aber ich kann keinen Glauben dazu faßen.

Leben Sie recht sehr wohl! Die Botenfrau steht vor der Thüre und pressirt. Wollen Sie mich der Frau von Stein empfehlen und Sie bitten, dass sie barmherzig seyn und – Sie nicht zulange behalten soll. adieu.

Schiller

[Adresse:]
            an Fräulein
  Charlotte von Lengefeld
                          in
                                Kochberg.