Friedrich SchillerFriedrich Schiller

Friedrich Schiller an Gottfried Körner

Weimar, d. 30. April [Donnerstag] 1789.

Mit diesem Briefe sei denn unsere Correspondenz von und nach Weimar beschlossen. Künftige Woche ziehe ich in Jena ein, wo ich hoffe, durch ein paar Zeilen von Dir bewillkommt zu werden.

Ich schicke Dir einstweilen 22 Carolin für Beit. Gern hätte ich die 150 Thaler voll gemacht, und mit 10 Thalern für Dich, Dein wohlverdientes Honorarium für Deinen Aufsatz in der Thalia, begleitet; aber die Jenaer haben mir einen dummen Streich gespielt. Sie sagten mir, ich würde mit 30 Thalern für das Magisterdiplom wegkommen, nun werden mir 44 dafür gefodert, und noch einige Carolinen werden sie mir in Jena für andere Ceremonien abnehmen. Da ich mein bischen Geld fast bis auf den Gulden berechnet habe, so entsteht dadurch eine Lücke, die ich nicht gleich zuzustopfen weiß; doch, hoffe ich, soll sich in einigen Wochen noch Rath finden. Einige Exemplare von meinem Mag.diplom lege ich bey, dass Du etwas zu lachen hast, wenn Du mich in diesem lateinischen Rocke prangen siehst.

Bürger war vor einigen Tagen hier und ich habe seine Bekanntschaft gemacht. Sein Äußerliches verspricht wenig – es ist plan und fast gemein, dieser Karakter seiner Schriften ist in seinem Wesen angegeben. Aber ein gerader ehrlicher Kerl scheint er zu seyn, mit dem sich allenfalls leben ließe. An Becker von Gotha hat er mich in vielen Stücken erinnert. Wir haben einander das Wort gegeben, einen kleinen Wettstreit mit einander anzufangen, der darin bestehen soll, daß Bürger aus dem Virgil ein Morceau in selbstbeliebigem Metro übersezt, und ich dasselbe in einem andern. Du erräthst leicht, daß ich meine Stanzen zuerst an dem Virgil versuchen will. Meine Idee, die Chöre der Iphigenie in Reimen zu übersetzen, hat Bürgern sehr eingeleuchtet, er findet auch Griechischen Geist in der Uebersetzung. Wie er mir sagt, werden noch mehr Lanzen für mich wegen der Götter Griechenlands gebrochen werden. Er selbst hat etwas noch im Mscrpt darüber gelesen. Er wird künftige Michaelismesse ein Journal anfangen, daß bloß Wortkritik zum Zwecke haben, und einerseits unsern ersten Schriftstellern empfehlen soll, gut deutsch zu schreiben, andrerseits den Grammatikalischen Gesetzgebern den Daumen aufs Auge halten soll.

Der Capellmeister Reichardt von Berlin ist gegenwärtig auch hier; er componirt Goethes Claudine von Villa Bella. Dieser Reichardt ist ein unerträglich aufdringlicher und impertinenter Bursche, der sich in alles mischt und einem nicht vom Halse zu bringen ist.

Schicke mir nun, wenn Du Gelegenheit findest, welches jezt über Leipzig nicht fehlen kann, den Hissmann, Meusel (wenn Du diesen entbehren kannst) nebst einigen andern historischen Büchern, die Du mir für diesen Sommer brauchbar glaubst.

Minna und Dorchen grüße herzlich. Lebe wohl.

Schiller.