Friedrich SchillerFriedrich Schiller

Friedrich Schiller an Gottfried Körner

Jena, 13. Mai [Mitttwoch] 1789.

Vorgestern, als den Montag, bin ich hier eingezogen, wo mir Dein Brief sogleich überliefert wurde. Mein Logis habe ich über meine Erwartung gut gefunden. Der freundliche Anblick um mich herum gibt mir eine sehr angenehme Existenz. Es sind drei Piecen, die ineinanderlaufen, ziemlich hoch, mit hellen Tapeten, vielen Fenstern, und alles entweder ganz neu oder gut conservirt. Meubles habe ich reichlich und schön: zwei Sophas, Spieltisch, drei Commoden, und anderthalb Dutzend Sessel mit rothem Plüsch ausgeschlagen. Eine Schreibcommode habe ich mir selbst machen lassen, die mir zwei Caroline kostet, und Dir gewiß auf drei zu stehen kommen würde. Dies ist, wonach ich längst getrachtet habe, weil ein Schreibtisch doch mein wichtigstes Meuble ist, und ich mich immer damit habe behelfen müssen. Ein Vorzug meines Logis ist auch die Flur, die überaus geräumig, hell und reinlich ist. Ich habe zwei alte Jungfern zu Hausmietherinnen, die sehr dienstfertig, aber auch sehr redselig sind. Die Kost habe ich auch von ihnen auf meinem Zimmer, zwei Groschen das Mittagessen, wofür ich dasselbe habe, was mich in Weimar vier Groschen kostete. Wäsche, Friseur, Bedienung und dergl. wird alles vierteljährlich bezahlt, und kein Artikel beträgt über zwei Thaler: so daß ich nach einem gar nicht strengen Anschlag über vierhundertundfunfzig Thaler schwerlich brauchen werde. Und so hoch hoffe ich meine Einnahme von Mauke allein schon zu bringen. Mit jeder anderen Erwerbung kann ich Schulden abtragen und etwas für meine Einrichtung thun.

Mit eigentlichem Besuchgeben mache ich erst heute beim Prorector den Anfang; wenn ich im Collegium introducirt bin, thue ich alsdann die meisten übrigen Visiten mit Karten ab, und fahre herum. Ich hoffe über diese ersten Beschwerlichkeiten leicht wegzukommen. Im Reinholdschen Auditorium werde ich lesen, und träfe sichs, daß die Anzahl zu groß würde, so nehme ich Grießbachs oder Döderleins, worin über Zweihundert Platz haben.

Vor zwölf bis vierzehn Tagen werde ich doch nicht damit anfangen: so lange mußt Du also Deine Neugier einstellen. Ich bin nicht ohne Verlegenheit, öffentlich zu reden; aber eben weil ich sie ganz überwinden möchte, will ich mich indessen mehr an diese Gesichter gewöhnen, um nicht zum erstenmal unter ganz fremden Menschen mich zu sehen. Wenn übrigens meine erste Vorlesung zweckmäßig, gut und interessant geräth, so gibt mir dieses allein schon einen gewissen Muth, sie desto unerschrockener abzulegen. Ehe ich Weimar verließ, habe ich mich mit Wieland des neuen Mercurs wegen noch explicirt. Erstlich muß ich Dir ankündigen, daß er auf Dich rechnet als bleibenden Mitarbeiter, und wenigstens für zwölf Bogen jährlich (aber keine Uebersetzungen, weil er diese von dem neuen Mercur ganz ausschließt). Es würde jetzt gut seyn, daß Du selbst an ihn schriebst und gerade heraus mit ihm contrahirtest. Willst Du meinem Rathe folgen, so fordere drei Ducaten fürs erste Jahr. Deinen jetzigen Aufsatz rathe ich Dir für den neuen Mercur aufzusparen, so wie alles, was Du dieses Jahr noch machen wirst, damit Du alsdann desto besser versehen bist, wenn es zum Treffen kommt. Ich habe ihm meinerseits auch nur zwölf Bogen versprochen, und werde mich meistens nur auf historische Materien einschränken.

Kritische Briefe über wichtige Produkte des Geschmacks würden ihm von Dir sehr willkommen seyn, und mir däucht, sie müßten auch Dir leicht von der Hand gehen. Überhaupt nimmt michs Wunder, daß Du in der Kritik, worin Du gewiß glücklich seyn würdest, bisher nicht fruchtbarer gewesen bist, und meinen alten Vorschlag wegen des Mitarbeitens an recensirenden Journalen ganz mit Stillschweigen übergangen hast. Für meine Sammlung von Memoires habe ich an dem Geheimen Archivar Heß in Gotha, dem Verfasser Ludwigs des Heiligen1, eine gute Acquisition erhalten. Er wird Mitarbeiter seyn, und vielleicht gleich mit Joinville anfangen. Ich bezahle ihm fünf Thaler, daß ich doch immer an fünfundzwanzig Bogen gegen vierzig Thaler hiesiges Geld Profit habe. Meine Arbeit wird nun Anna Comnena und nach dieser Otto von Freisingen über Friedrich I. seyn. Mit einer universalhistorischen Abhandlung über die Kreuzzüge werde ich das Werk überhaupt interessant eröffnen können.

S.