Friedrich SchillerFriedrich Schiller

Friedrich Schiller an Gottfried Körner

Jena d. 11. Juny [Donnerstag] 89.

Ich habe Reinholden und Hufelanden Deine Hieherkunft angekündigt, und beyde freuen sich gar sehr auf Dich. Auch Wieland werde ich mit dieser Botschaft großes Vergnügen machen, und ein langer Wunsch der Fr. v. Kalb wird dadurch auf einmal erfüllt. Kurz, Du machst durch diesen Entschluß in Weimar und Jena viele frohe Menschen und ich gewinne Dich doch auf 8 Tage, die wir länger beysammen seyn können. Ich werde mich jezt in meinen Geschäften darnach richten. Schön wäre es, wenn Huber auch kommen könnte, so wäre die heilige V wieder beysammen, und wir könnten ein 2jähriges Jubeljahr zusammen feyern1. Du kannst hier ganz gut bey mir logiren, weil die Gasthöfe erbärmlich schlecht sind. Ich kann euch 2 Zimmer einräumen, worin Ihr euch auf eine ehrbare Art vertheilen könnt. Betten und alles nötige kann ich euch aus meinem Hause recht gut schaffen. So genießen wir uns doch jede Minute, die abfällt, und ich habe das Vergnügen, euch im Hause zu haben.

Du willst wissen, wie ich mit Charlotten stehe? Ich will Dirs mündlich sagen. Wenn Du ihr aber antwortest, so mache Deine Ankunft immer noch etwas zweifelhafter als sie ist und versprich eher weniger, als Du Hofnung hast halten zu können. An Wieland wünschte ich daß Du bald schriebst; er ist jezt sehr en peine wegen des künftigen Merkurs, und Du wirst ihn durch Deinen Beytritt sehr aufrichten. Wegen der Theodora, die in dem letzten Hefte steht, hat er sich neulich, als er hier war, erschröcklich bey mir entschuldigt und mich darauf vorzubereiten gesucht. Nun begreife ich diese vorläufige Entschuldigung. Es ist ohne Zweifel Armuth an Beyträgen, die ihn dahin gebracht hat, dieses Stück aufzunehmen.

Wenn Du Mitarbeiter an der A. L. Z. wirst, so wird Dir ein gedrucktes Schema von der Einrichtung des Instituts, und, ich glaube, auch ein Contract zum Unterschreiben zugeschickt, weil gewisse Gesetze, der Ordnung wegen, dabey zu beobachten sind. An guten Philosophischen Recensenten ist man sehr arm, besonders solchen die in Kantischen Geist initiirt sind. Fühltest Du Dich der Recensionen philosophisch-polemischer Schriften gewachsen, so würde das Institut sich sehr darüber Glück wünschen.

Meine Vorlesungen gehen wieder fort und vorgestern habe ich die dritte bei einer Anzahl von fast 500 Zuhörern gehalten. Gestern war ich nicht wohl und habe darum die 4te Vorlesung auf morgen angesetzt. Da mir die Materien, worüber ich lese, noch zu neu sind, so muß ich mich freilich noch an Mscrpt halten, und ich fühle wohl, daß gemeinverständliche Deutlichkeit gerade das ist, was mir am meisten Mühe kostet, und doch vielleicht nicht geht. Biß jezt hat mein Vortrag durch seinen Glanz und seine Neuheit geblendet; in der Folge aber muß ich ihm doch mehr allgemeine Faßlichkeit zu geben suchen, wenn ich meine Leute festhalten will. Meine Vorlesungen kosten mich jezt noch erstaunlich viel Zeit und Mühe, sowohl weil ich erst selbst lernen muß, als auch, weil mir die Materie unter den Händen wichtiger wird, als ich sie für den Augenblick brauche, und ich die Gedanken doch nicht fahren lassen mag. Darüber wollen wir mündlich noch mehr sprechen. Wegen des Verplämperns kannst Du ganz sicher seyn; ich habe hier alles die Musterung passiren lassen und meine ganze Freiheit beysammenbehalten.

Lebewohl. Grüße Minna u. Dorchen. Dein

Schiller.

[Adresse:]
                      an
  Herrn Oberconsistorialrath
               D. Koerner
                                  in
  frey.                              Dresden.