Friedrich SchillerFriedrich Schiller

Friedrich Schiller an Lotte v. Lengefeld. 

(Lotte.) 

Dienstag Mittag [8. December 1789.]

Dieses freundliche Wetter wird auch Dir Heiterkeit bringen meine Lotte. Es erhellt meine Seele – Sonnenblick und Hofnung begleiten einander gerne. Mich verlangt zu hören, wie Dein zweyter Besuch bey der K. abgelaufen ist. Nur, meine liebste, lass Dich von der Gefälligkeit und Freundschaft, die sie Dir immer mehr beweisen wird, nicht zu Hofnungen verleiten, als könntest du Dir wirklich eine Freundinn in ihr erwerben. Ich muß hier den Apfel der Zwietracht zwischen euch werfen, aber ich kann nicht anders. Die Kalb kann Dich nicht lieben, selbst wenn sie es noch so sehr wollte. Gewisse Dinge verzeyhen sich niemals; liebtest Du nach mir einen andern, und ich machte die Entdeckung, dass Du mich nie geliebt hättest, ich könnte es mir durch keine Anstrengung abgewinnen, der Freund dieses andern zu seyn. Weibliche Seelen sind eben so wenig dieser Großmuth fähig. Die K- ist in ihren Neigungen hartnäckig; ihr Betragen gegen Dich bringt mich fast auf den Gedanken, dass sie mein Verhältniß zu ihr noch nicht ganz aufgegeben hat – und dieses Verhalten gegen Dich ist vielleicht der Anfang eines neuen Planes. Irre ich mich auch so hast Du nichts dabey zu verlieren, wenn Du mir folgst. Ich brauche nicht deutlicher gegen Dich zu seyn. 

Ich wünschte mehr en detail zu wissen, was man über unser Verhältniß in W. spricht. Schreibe mir doch, was Du davon erfährst, ausführlich. Vielleicht plumpt die Schmidt gegen Dich damit heraus – sie möchte den Leuten gern immer etwas angenehmes sagen. Wenn sie also etwas zwischen uns vermuthet, so spricht sie gewiß gegen Dich viel von mir.

Ich habe schon gedacht, wie es vielleicht möglich wäre, unsre Vereinigung auf das Frühjahr durch Göthen zu befördern, und die Idee wird mir immer annehmlicher je mehr ich darüber nachdenke. Auf einen fixen Gehalt, der mir von Ostern ausgeworfen wird, kommt alles an bey der ch. M. – Wie wär es nun, wenn wir uns G-anvertrauten, so daß er sich für unser Verhältniß interessirt, dass es ihm gleichsam in die Hände gegeben wird. Er wird nicht ohne Antheil dafür seyn, und in solchen Sachen Vertrauen zu erfahren, mit wirken zu können, schmeichelt einem jeden; G** besonders ist nicht ohne Sinn für Verhältnisse von der Art. Er würde sein Interesse daran auch vielleicht dem Herzog mittheilen, und wenn 200 Thlr. die Sache ausmachten, so ließe sich der H. vielleicht dazu bringen, besonders da ich auch ohne das auf eine Besoldung Anspruch machen könnte. Ueberlege dieses mit Linen – und wenn ihr etwas gutes davon hofft, so schreibe mir, wie ihr ohngefehr glaubt, dass es anzufangen wäre. Ob es angeht für euch, G* und die St* zugleich in euer Vertrauen zu ziehen – dieß ist freilich eine Frage. 

Was wirst Du mir auf meinen vorigen Brief antworten theure liebe? Ich bin voll Verlangen. Ach! wir müssen dieses Frühjahr zusammen leben! Nur diese Hofnung erhält meinen Muth. Gerne will ich dann allen Schwierigkeiten entgegen gehen .Ich drücke Dich an mein Herz liebste theuerste! Tausend Küsse bringt dir dieser Brief. – Ach dass ich euch nur auf einen Augenblick umarmen könnte! Liebstes theuerstes! lebwol. lebwohl. Wann werde ich wieder Briefe von euch haben? 

Sprich doch mit dem Botenmädchen, dass sie immer bey euch anfrägt, ehe sie zurückgeht. Leb wol lieber Engel! 

S