Friedrich SchillerFriedrich Schiller

Friedrich Schiller an Lotte v. Lengefeld und Caroline v. Beulwitz. 

Freitag. [den 18. December 1789.]

Dank für Eure lieben Briefe, die ich eben erhalte; glücklicher Weise noch zu rechter Zeit, sonst würde mein Brief an Euch nach E. gegangen seyn. Morgen gegen 4 Uhr sind wir in Weimar, Paulussens und ich. Allein werden wir nicht viel seyn können, weil ich zweifle, ob Paulussens noch sonst jemand sehen. Wenn Ihr nicht in die Comödie geht, so kann ich euch doch 4 Akte lang allein sehen. Ihr habt mir nicht geschrieben, ob Euch Caroline gleich jetzt nach W. begleitet. Ich freue mich sehr, sie wiederzusehen. Auf Humbold habt ihr mich neugierig gemacht, aber ich kann mich noch nicht recht in ihn finden. An seiner Kälte ist noch das Beste, wenn er sie behält. Ich bin ungeduldig zu hören, wie die Gesandtschaft an den chèr Papa abgelaufen ist; komisch ist es doch, daß die gewisse Person1, welche so gern Heirathen stiftet, an sich selbst ein so wenig erbauliches Muster gegeben hat. Aber um einer einzigen willen sollen ihr alle andern verziehen sein. Ich bin doch herzlich froh, euch wieder in W. zu wissen. Der Faden, an dem ich euch halte, darf doch nicht zu lang seyn. 

Ob die ch. M. euch schon jetzt geantwortet hat, zweifle ich sehr. So eine Epistel will doch überlegt sein; vielleicht will sie auch von mir erst einen Laut hören, und meinen Brief erhält sie erst auf den Sonntag. 

Wenn noch mehrere Sympathien kommen, so werde ich in der Zukunft etwas aufzuklären finden! Ihr fangt mit dem Glauben an Sympathie an, und werdet als Christinnen aufhören. Ich erschrecke schon davor. 

Adieu Ihr Lieben. Morgen, morgen seh’ ich Euch wieder. 

S.


Bemerkungen

1 Die gewisse Person ist Karoline v. Beulwitz, die außer Schillers auch Wilhelm v. Humboldts Verlobung vermittelte.