Friedrich SchillerFriedrich Schiller

Friedrich Schiller an Christophine Reinwald. 

Jena den 19. Jenn. [Dienstag] 90.

Die traurige Nachricht, womit ihr mich neulich so erschreckt habt, ist doch zum Glücke den Tag nachher von unserem lieben Vater wiederrufen worden. Ich hoffe von dieser Crisis der Natur viel, und von einer zweckmäßigen Diaet unterstützt kann sich die Verdauung der lieben Mutter vielleicht ganz wieder herstellen. Mit Sehnsucht warte ich auf Bestätigung des glücklichen Erfolgs, denn von der gewaltsamen Ausleerung war immer noch Gefahr zu fürchten. 

Ich habe unseren lieben Eltern eine Nachricht gegeben, die, wie ich hoffe, dazu beytragen wird, das Gemüth meiner lieben Mutter zu erheitern. Es ist die Nachricht von meiner nahen Verbindung mit Lottchen Lengefeld aus Rudolstadt, die ich Dir also hiemit nenne, und als Deine künftige Schwester vorstelle. Ich halte nicht viel auf Beschreibung meiner Freunde oder meiner Geliebten in Briefen. Wie kann ich Dir das was ich liebe mit Worten mahlen, und was kann ich mehr zu ihrer Schilderung sagen, als daß ich ihr die künftige Glückseligkeit meines Lebens anvertraut habe? Ich hoffe Du sollst sie von Person kennen lernen und dieses bald. Sie ist die Tochter der Oberhofmeister Lengefeld in Rudolstadt, aber Du kennst vielleicht die ganze Familie aus der Beschreibung. 

In 12-14 Tagen werden wir getraut werden. Mein Herzog hat mir zu meiner Heurath ein Präesent mit einem jährlichen Gehalt gemacht, der mich, nebst dem was meine Schwiegermutter dazu schießen kann und was ich durch Collegien und Schriftstellerey erwerbe, in den Stand setzt, sehr anständig hier zu leben. Auch Deinem Herzog habe ich große Verbindlichkeit für den Karakter als Hofrath, den er mir gegeben hat.

Unserem lieben Vater habe ich proponirt, mir die Nanette hierherzuschicken, wenn unsere liebe Mutter sie entbehren kann. Ich kann hier etwas zu ihrer Bildung thun. Meiner Frau macht es Freude, sie zu Gesellschaft zu haben, und auch meiner Schwägerinn, die Fr. v. Beulwitz, wäre es angenehm, sie zuweilen in Rudolstadt bey sich zu haben. Ihre Verhältniße würden der Nanette gewiß recht lieb seyn, und mir machte es herzliche Freude, eine meiner Schwestern um mich zu haben. 

Ich schreibe Dir dießmal etwas eilfertig, die Post preßirt mich. Grüße Deinen Mann herzlich von mir; lebe glücklich und gesund Dein 

                                                                                         treuer Bruder 
                                                                                                  Fr. S.