Friedrich SchillerFriedrich Schiller

Friedrich Schiller an Kaspar Schiller. 

Jena, den 4. Febr. [Donnerstag] 90.

Ich erwarte mit Ungeduld weitere Nachrichten von dem Befinden meiner lieben Mutter. Ein Brief, den ich heute von Meinungen erhalte, beunruhigt mich aufs Neue. Sollte ein schleichendes Fieber dazu gekommen seyn, so müßte man die Chinarinde in reichlicher Dosis gebrauchen. Doch hoffe ich, daß Herr D. Consbruck [?] dieß bereits verordnet haben wird. Schreiben Sie mir bald, liebster Vater, oder wenn Sie nicht Zeit haben, lassen Sie mir durch die Louise schreiben. Ihren lezten Brief nebst dem Einschluß an meine Braut habe ich richtig erhalten und danke Ihnen herzlich für die Freude, die Sie mir und meiner Lotte durch Ihren liebevollen Antheil gemacht haben. Lotte ist voll Vergnügen, daß sie Hofnung hat, ihrem neuen Papa lieb zu werden. Gewiß wird Sie Ihre ganze Zärtlichkeit verdienen und eine recht gute Tochter seyn. Mit herzlicher Freude willigt sie ein, Ihnen recht oft zu schreiben. 

Unsere Hochzeit hat sich um einige Wochen verzögert, weil meine Schwiegermutter unterdessen nicht von Rudolst. Hof hat abkommen können. Sie wird aber in 8 oder 10 Tagen hier seyn, und dann wird die Trauung geschehen. 

Sie müssen seit 4 oder 5 Wochen noch einen Brief von mir erhalten haben, der noch nicht in Ihren Händen war, als Sie Ihren lezten Brief an mich abschickten. 

Wegen des jungen Buchhändlers in Stuttgardt ließe sich schon noch Etwas machen. Fragen Sie ihn aber gelegenheitlich, ob er im Stande ist, 3 Louisdors für den Bogen zu geben, wenn ich ihm Mscrpt von Werth anbiete. Um weniger thue ich es nicht, da mir andere Buchhändler für wichtige Arbeiten so viel bezahlen. Schon längst wollte ich Sie bitten, liebster Vater, mir die kleinen Sachen, die während meines Aufenthalts in Stuttgardt von mir gedruckt worden sind, zusammensuchen zu lassen, und hieher zu schicken, auch was Sie noch etwa in Mscrpt von mir hätten oder aufzubringen wüßten. Unter den gedruckten Sachen meyne ich alle Carmina, die ich machte z. B. das über Wiltmeister, über Rieger, über Weckerlin und andre mehr, meine Dissertation über den Zusammenhang der thierischen Natur des Menschen etc., u. wenn Sie das Mscrpt meiner andern medicinischen Dissertation noch hätten, die nicht gedruckt worden ist, ferner diejenigen Stücke vom schwäbischen Magazin, worinnen Aufsätze und Gedichte von mir stehen. Vielleicht finden Sie noch frühere Arbeiten von mir unter Ihren Papieren. Diese Dinge interessieren mich jetzt und ich brauche sie als Belege zur Geschichte meines Geistes. Haben Sie ja die Güte und suchen mir solche zu bekommen. Vor allem aber erfreuen Sie mich bald mit glücklichen Nachrichten von der Gesundheit meiner liebsten Mama, die ich und meine Braut herzlichst grüße. Leben Sie wohl, bester Vater, tausend Grüße meinen Schwestern. 

Ihr gehorsamer Sohn 

Fritz.


Bemerkungen

1 S. 38. Z. 8. Der Name Consbruck wohl richtig, aber nach einer Notiz Haffners unleserlich. 
2 S. 39. Z. 1. B. noch extra. 
3 Z. 4. Haffner liest Miltmeister. Vergl. aber Gödeke S. S. I. S. 2. u. 380.
4 Zu S. 38. Z. 22. Nr. 481. 
5 Zu Z. 24. Des Vaters Brief fehlt. 
6 Zu Z. 8 v. u. Der junge Buchhändler war vermutlich Johann Friedrich Cotta. 
7 Zu S. 39. Z. 4. Von den hier angeführten Gedichten und Schriften Schillers ist nur das Gedicht auf Wiltmeister noch nicht wieder aufgefunden. Vergl. Weltrich, Friedrich Schiller I. 333. Die übrigen sind in Gödekes Ausgabe abgedruckt. 
8 Zu S. 39. Z. 12. Ob diese Worte so aufzufassen wie sie der Vater auffaßte, daß Schiller nämlich damals eine Geschichte seiner geistigen Entwicklung habe schreiben wollen, ist mir zweifelhaft. Vielleicht hatte er auch nur vor, sie seiner Frau zu veranschaulichen. Auch Weltrich, Friedrich Schiller I. 71 denkt aber an den Plan einer Selbstbiographie.