Friedrich SchillerFriedrich Schiller

Friedrich Schiller an Georg Göschen. 

Jena den 14. März [Sonntag] 90. 

Jeden Posttag, liebster Freund, glaubte ich Ihnen das 10te Heft der Thalia schicken zu können, und darum verschob ichs Ihnen zu schreiben. Aber einige Scenen, die hinein kommen, machen mir noch zu schaffen, und diese Woche wird noch darauf gehen, ehe das Heft in fertigem Stand ist, weil ichs Ihnen gern auf einmal schicken möchte. Also einige Zeilen vorläufig. Seit dem 22 Februar bin ich ein Ehmann und freue mich aller Schönheiten des häußlichen Lebens. Mein ganzes äußres und innres Daseyn hat bey dieser Veränderung gewonnen, und von jetzt kann ich eigentlich erst mein Leben datiren. Kommen Sie ja recht bald hieher lieber Göschen, und gönnen Sie mir die Freude, sie in meinen häußlichen Kreis aufzunehmen, und Sie zum Zeugen meines Glücks zu machen. Kommen Sie mit Ihrer Jette, und lassen Sie zwischen Ihnen beiden und meiner Lotte ein freundschaftliches Band anknüpfen. Meine Frau empfiehlt sich unbekannterweise Ihnen und Ihrer Jette. 

Schreiben Sie mir doch, wenn ich anders es wißen darf, ob Ihnen von Göthen eine Schrift über die Botanic ist angeboten worden? auch wünschte ich zu wißen, ob Sie den ganzen Rest der göthischen Schriften in kommender Messe vollends liefern werden. Den Tasso habe ich noch nicht gelesen. Wollen Sie so gütig seyn und mir ihn bald zu schicken? Auch verlangte mich die Heinsische Übersetzung von Tassos Gierusalemne zu besitzen. Schicken Sie mir doch diese beiden Schriften. 

Meine Frau hat bey ihrem letzten Aufenthalt in Leipzig einige Gemmen von Weadgewood bey Rost gekauft, die überaus schön sind. Ich hätte gern auch einige für mich, und Ihre liebe Frau ist schon so gütig, mir einige auszusuchen, worum ich sie recht freundlich bitte. Ich wünschte eine Leyer, eine Psyche, einen Apollo oder Apollokopf, und einen Homer. 

Alle ungefaßt, und für ein Petschaft zu gebrauchen.

Verzeyhen Sie theurer Freund, daß ich Sie mit meinen Bestellungen beschwere. Gebrauchen Sie revenge, ich will Ihre Aufträge mit gleicher Pünktlichkeit befolgen. 

Leben Sie recht wohl einstweilen und vergeßen Sie nicht ihren 

Aufrichtigen treuen Freund 

Schiller.


Bemerkungen

Göschens Empfangsvermerk. Den Empf. D. 19. do.
S. 65. Z. 1. lies: Auffenthalt.
1 Zu S. 64. Z. 25. Gemeint ist wohl Goethes Schrift: Versuch, die Metamorphose der Pflanze zu erklären. Gotha, bey Carl Wilhelm Ettinger 1790. Göschen hatte den Verlag abgelehnt. 
2 Zu Z. 27. Die Ausgabe der Goetheschen Werke erschien noch 1790 vollständig in 8 Bdn. bei Göschen. 
3 Zu Z. 30. Die Heinsische Übersetzung des Tasso war 1781 in Mannheim erschienen.
4 Zu S. 65. Z. 2. Weadgewood war ein berühmter englischer Porzellanfabrikant im 18. Jahrhundert. Namentlich verfertigte er auch, wie ich von einem Fachmann erfahre, kleine ovale oder runde Platten mit äußerst reizvoller, zarter Behandlung, wie Gemmen in Flachrelief. Diese wurden um das Jahr 1800 vielfach zur Einlage in Möbel, Uhren u. s. w. verwendet.