Friedrich SchillerFriedrich Schiller

Friedrich Schiller an Lotte. 

Montag Abend [4. October 1790]. 

Nur ein paar Zeilen liebstes Herz, schreibe ich Dir daß ich wohl bin und mich freue einen Tag ohne Dich überstanden zu haben. Du bist glücklich angekommen mit Linen, Deine Zeilen haben mich gefreut. Ich hoffe Dich einen Tag früher zu sehen als ich mir bißher vermuthete, vielleicht schon Sontag Abend. Gestern war ich spazieren auf unserm schönen Weg an der Saale, Lobeda zu. Ich kam euch so doch um eine Stunde näher. Heute bin ich zu Hause geblieben. Gesehen hab ich noch niemand. Ein Calender kam auch nicht aber diese Briefe, die ich euch hier schicke, und aus denen ich zwey Impertinenzen gegen mich in Einer halben Stunde erfuhr. Die Gedichte werden euch belustigen. In dieser Art habe ich noch nichts so tolles gelesen, aber der Mensch ist nicht ohne Phantasie. Besonders lesens würdig ist die Anrede eines Freigeists an seine letzte Stunde. Ich glaubte ich müßte mich krank lachen. Könnt ihr mir für die Musicalien Liebhaber bekommen, so ist mirs doch lieb. Ich kenne den Menschen und ich glaube, daß er das Geld sehr nöthig hat. Grüße die Rudolstädter und bleibe mir recht gesund mit der lieben Line. Leb wohl liebstes Herz. Spaße Du sachte. adieu. adieu.


Bemerkungen

1 Zu S. 104. Z. 5. Lottens Zeilen sind nicht erhalten. 
2 Zu Z. 16. Das Gedicht und den Dichter kenne ich nicht, ebensowenig die erwähnten Briefe.