Friedrich SchillerFriedrich Schiller

Friedrich Schiller an Georg Göschen.

Erfurt, den 27. August [Sonnabend] 91.

Herzlichen Dank, liebster Fr., für die Nachricht, die Sie uns von Ihrer glücklichen Ankunft geben. Möchten nun die vielen Opfer, die Sie Ihrer Gesundheit gebracht haben, von erwünschter Wirkung seyn. Ich trage Ihr Wohlbefinden auf dem Herzen wie meines Bruders, und ich weiß, daß auch das meinige Ihnen nahe geht. Mit meiner Gesundheit bin ich im Ganzen wohl zufrieden. Die Beklemmungen, ob sie gleich keinen Tag ganz ausbleiben, sind minder heftig und halten weniger lang an. Der Unterleib hält sich auch gut und der Geist ist heiter. Aber mit der Arbeit will es jetzt noch nicht recht fort, denn kein Gedanke will mir festhalten. Allgemach suche ich mich indessen wieder mit der Materie zum dreißigjährigen Krieg vertraut zu machen und hoffe, daß Sie nicht über 10 Tage auf die ersten Blätter warten sollen. Mit der Thalia lassen Sie mir nur so lang frist, bis die Bogen zum Calender expedirt sind. An Aufsätzen hätte ich zwar für 12 Bogen Vorrath, aber ich möchte gern für das Erste Stück eine vorzügliche Auswahl treffen; dazu gehört aber, daß ich einige derselben retouchire. 

An Wieland hat meine Frau bereits geschrieben und ich selbst werde es auch in 5 oder 6 Tagen thun, wenn ich ihn nicht mündlich spreche. Treiben Sie einstweilen nur Hubern und Körnern, daß diese sich fördern. 

Zum Geisterseher will ich noch einen oder zwei Briefe Fortsetzung geben, wenn Sie ihn neu auflegen. Schicken Sie mir doch ein Exemplar, das ich durchschießen lassen kann, so wie auch von Carlos, aber schlechte Ausgaben, sonst wärs Schade. 

Schreiben Sie mir lieber Freund, ob es Ihnen möglich ist, mir nach Michaelis 500 Thlr. zu schicken oder zu assigniren. Soviel habe ich nach gehaltener Berechnung nöthig, mich leidlich zu arrangiren. Ich weiß wohl, daß mir von dem diesjährigen Calenderhonorar kaum die Hälfte gebührt und daß ich durch diese vielen Vorschüsse sehr tief bei Ihnen in die Kreide komme, aber Sie erlaubten mir, mich ohne Umstände an Sie zu wenden und Sie werden mirs eben so aufrichtig sagen, wenn diese Summe Ihnen zu groß ist. Vielleicht helfen mir der neue Carlos, der Geisterseher und die neuen Thalias, doch vor Ostern mit Ihnen quitt zu werden. 

Die herzlichsten Grüße von meiner Frau, die sich mit Freuden an die Zeit unseres Beysammenseyns erinnert. Ob wir sobald Leipzig und Dresden sehen werden, weiß ich jetzt noch nicht, sowie überhaupt die nächste Zukunft mir noch ganz ein Geheimniß ist. Noch ists unentschieden, wo ich diesen Winter zubringen werde, aber es kann seyn, daß mich die Umstände begünstigen, mein Schicksal nächstens auf einen bestimmten und dauerhaftern Fuß zu setzen. Viele Grüße von uns beiden an Ihre liebe Jette. 

               Ewig der Ihrige 

Schiller.


Bemerkungen

1 Zu S. 153. Z. 26. Gemeint ist das erste Heft der Neuen Thalia. 
2 Zu Z. 29. Das erste Stück umfaßte 128 S. = 8 Bogen und enthielt von Schiller: Die Zerstörung von Troja und die Abhandlung: Über den Grund des Vergnügens an tragischen Gegenständen. 
3 Zu Z. 31. Wieland schrieb auf Schillers Bitte eine Vorrede zum Kalender auf 1792.
4 Zu S. 151. Z. 2. u. 3. Huber schrieb die Biographien Maximilians und Richelieus, Körner die Oxenstiernas für den Kalender. 
5 Zu Z. 7. Schiller beschäftigte sich damals in Erfurt mit dem Don Carlos, der am Sonntag den 11. Sept. und Sonntag den 25. Sept. in Erfurt aufgeführt wurde, vgl. Urlichs, Charl. v. Sch. III. 172 und Weber, Geschichte des Weimarischen Theaters S. 34. Vgl. auch Urlichs, Charl. v. Sch. I. 436. Charl. an Fritz v. Stein vom 15. September: „Jetzt hat Schiller Geschäfte, weil der Don Carlos gespielt wird.“