Friedrich SchillerFriedrich Schiller

Friedrich Schiller an Gottfried Körner.

Erfurt den 6. Sept. [Dienstag] 91.

Nur wenige Zeilen lieber Körner um Euch wieder ein Lebenszeichen zu geben. Mit der Besserung geht es leidlich aber langsam, und noch immer bleiben die Krampfzufälle nicht ganz aus, auch der kurze Athem hält noch immer an. Doch verschafft mir der Egerbrunnen, den ich seit 15 Tage trinke hinlängliche Öfnung, und ich kann jetzt 2, 3 Stund des Tags etwas lesen, ohne mich anzugreifen. Die Kräfte nehmen zu, und man findet mich auch frischer aussehend. Hier in Erfurt lebe ich recht angenehme Tage. Alle Abende bringen wir beim Coadjutor zu, der recht freundschaftlich um mich bekümmert ist. Wie ich es diesen Winter halten werde weiß ich in der That noch nicht. Vom Collegienlesen wird wohl schwerlich die Rede seyn; aber überhaupt bin ich jetzt wegen meines künftigen Aufenthalts und Schicksals in Ungewißheit. Es ist mir jetzt durchaus unmöglich, wie bißher mich auf meine schriftstellerischen Einkünfte zu verlassen; denn so beträchtlich diese auch sind, so lange ich vollkommen gesund bin, so fehlen sie mir doch ganz in der Krankheit. Ich habe dieß auf des Coadjutors Anrathen dem Herzog geschrieben, und förmlich um eine Besoldung angesucht, die hinreichend ist, mich im äußersten Nothfall außer Verlegenheit zu setzen. Kann er mir sie nicht bewilligen, so muß ich sie anderwärts suchen, wie viel Mühe es auch kosten mag. Was er kann, wird er ohne Zweifel thun, denn ich weiß daß der ganze Hof gut für mich gesinnt ist. Ist es aber nicht, so werde ich in Mainz, Wien, Berlin oder Goething mein Glück aufsuchen. 

Wenn ich nur Funken jetzt bezahlen könnte, da ers so nöthig braucht; aber es ist mir jetzt ganz unmöglich. Mauke hat mir an den 2 Bänden des Sully noch etwas über den 4ten Theil zu bezahlen, und versichert, daß er es vor der Ostermesse nicht im Stande sey. Das schon bezahlte habe ich für mich verbraucht, weil ich hofte Funken mit dem noch zu bezahlenden und einer anderen einlaufenden Summe befriedigen zu können. Aber meine Krankheit kam dazwischen, und diese muß mich entschuldigen. Wenn er übrigens nur noch einige Monate warten kann, so will ich schon Rath schaffen. Dieses Jahr, Du wirst es kaum glauben, kostet mir 1400 Rthlr. außer dem was die Versäumniß mir kostet. Glücklicherweise habe ich diesen außerordentlichen Stoß ausgehalten, ohne Schulden zu machen; ja ich habe noch 90 Thaler an alten Schulden und 120 als Bürge für einen andern bezahlt. Mit Göschen bin ich zwar etwas stark in der Kreide, aber doch so, daß wir mit Neujahr quitt seyn können. Tröste also Funk, ich werde thun, was möglich ist. Herzlichen Gruß von uns beiden an Minna und Dorchen.

Dein S.


Bemerkungen

1 Zu S. 155. Z. 20. Die Antwort des Herzogs vom 11. Sept. 1791 ist an Schillers Frau gerichtet. Er sandte einen einmaligen Zuschuß und lehnte eine dauernde Erhöhung der Pension ab. Vgl. Carl Augusts erstes Anknüpfen m. Schiller. Cotta 1857. Nr. 4. Körner an Sch. vom 13. Okt. 1791.