Friedrich SchillerFriedrich Schiller

Friedrich Schiller an Christophine Reinwald. 

Jena den 15. Nov. [Donnerstag] 1792.

Liebste Schwester, 

Herzlichen Dank Dir für Deinen Brief, für das Gemälde, für die Hofnung, die Du uns schöpfen läßest, Dich bald einmal bey uns zu sehen. Tausendmal sollst Du Deinem Bruder willkommen seyn, und Deine Gegenwart wird mir gewiß manche trübe Stunde der Krankheit erheitern helfen. Mache es möglich, sobald Du immer kannst; Reinwald wird mich durch diese Gefälligkeit unaussprechlich verbinden. Sage mir auch, wie und wodurch ich Deinem Mann ein Vergnügen machen kann? Was in meinen Kräften steht, soll geschehen. 

Daß unsre gute Mutter eine so höchst beschwerliche Reise unternommen und sie so heldenmäßig überstanden hat, ist mir ein unbeschreiblicher Trost. Es ist mir jetzt ordentlich, als ob wir noch einmal so nahe wären, weil doch nun das Beispiel gegeben ist, daß man zusammen kommen kann. Hätte ich nur mehr zu ihrem Vergnügen thun können, könnte ich überhaupt nur mehr für euch thun ihr Lieben! Aber die Zeit kann ja noch kommen – die Zeit, wo ich auch Dir, liebste Schwester, einen beßern Beweis meiner herzlichen Liebe geben kann, als bloße Versicherungen. Lebe tausendmal wohl und glücklich. Diesen Calender bitte Reinwald von mir anzunehmen, dem ich mich brüderlich empfehle. 

Dein Dich ewig liebender Bruder 

Fr Schiller.


Bemerkungen

1 Zu S. 226. Z. 4. Christophinens Brief fehlt. Das Gemälde stellte Schwester Nanette dar. Vgl. Charlottens Brief an Reinwald. Urlichs, Charl. v. Sch. I. 337, der aber wohl gleichzeitig mit diesem von Schiller an Christ. abging und daher, wie schon Maltzahn anmerkt, vom 16. Nov. (statt Okt.) datiert werden muß. 
2 Zu Z. 5. An diese Einladung knüpft Reinwald am 28. Mai 1793 die Anfrage, ob sein und Christophinens Besuch genehm wäre. 
3 Zu Z. 22. Natürlich der Historische Kalender für 1793 mit dem Schluß des dreißigjährigen Krieges.