Friedrich SchillerFriedrich Schiller

Friedrich Schiller an Gottfried Körner

Jena, den 7. April [Sonntag] 93.

Heute habe ich endlich meinen Auszug in den Garten gehalten, und bin nicht wenig froh, daß ich Feld und Himmel sehe. Diesen ganzen Winter kam ich kaum 5 mal ins Freie, und nun ist mir zu Muth wie einem Gefangenen, der zum erstenmal wieder ans Tageslicht kommt. Jetzt erwarten mich noch 5 Tage, die ich einer nicht gar angenehmen Arbeit widmen muß, dann komme ich zu meiner Schönheit und zu unserer Correspondenz zurück. 

Unsre Zusammenkunft im Sommer wird uns sehr wohl thun, und sie macht mir schon jetzt in der Erwartung frohe Augenblicke. In unserm Stadtlogis könnt Ihr zwar nicht wohnen, denn das haben wir ganz aufgegeben, weil es keine Küche hat, und wir jetzt eine eigene Ménage angefangen haben. Meine Gesundheit vertrug sich mit der Kost nicht länger, die wir bei unseren Mlles hatten. Dieser Umstand darf euch aber gar nicht verlegen machen, denn aller Wahrscheinlichkeit nach miethe ich mir noch im Sommer eine neue Wohnung in der Stadt, die dann zu eurer Disposition ist; und sollte ich vor Michaelis keine finden, die unbesetzt wäre, so sind mir jetzt schon verschiedene Wohnungen bekannt, die auf einige Wochen zu haben seyn werden. Du darfst mir nur in dieser Zeit einmal bestimmt schreiben, wieviel Zimmer, Betten u. dgl. Du nöthig haben wirst. 

Herrn von Münchhausen habe ich gesprochen, und einen interessanten Mann an ihm gefunden. Er ist zwar keiner von denen, die sich im ersten Augenblick entschleyern, und wir waren kaum eine Stunde beysammen; aber er wurde doch am Ende ziemlich warm, und wahrscheinlich wären wir uns näher gekommen, wenn nicht ein Besuch uns unterbrochen hätte. Ich vergaß ihn nach dem Namen seines Guts1 zu fragen; schreibe mir es doch, wenn Du es weißt. 

Du schreibst noch von andern Dresdner Menschen, die nach Jena kommen würden. Wer sind diese? 

Zu meinem Kallias macht Ramberg eine Zeichnung, die gestochen wird und dann mir bleibt. Ich habe ihm völlig freye Wahl gelassen, und bin nun voller Erwartung, was er erfunden haben mag2. Von Lottchen herzliche Grüße an Dich und von uns beiden an Minna und Dorchen. Lebewohl und laß bald von Dir hören. 

               Dein 

S.


1) Steinburg; vgl. 3, 100.
2) Vgl. Preuß. Jahrbücher 1870 Bd. 26. S. 83 ff und S. Schr. 11, 550.


Bemerkungen

1 Zu S. 308. Z. 7. Vgl. Litzmann, Sch. in Jena S. 104. Zu Z. 28. Über den Thüringer Gutsbesitzer Ph. A. Freiherrn v. Münchhausen vgl. Körner an Schiller d. 27. März und vom 26. April. Sein Gut war Steinburg beim Kloster Häseler (a. Häseln).
2 Zu S. 309. Z. 6. Vgl. zu Nr. 647.