Friedrich SchillerFriedrich Schiller

Friedrich Schiller an Ludovika v. Simanowitz

Jena den 24. Jun. [Montag] 1793.

Schon seit langer Zeit habe ich mir das Vergnügen vorbehalten meiner bewunderten und verehrungswürdigen Landsmännin für das schöne Geschenk Dank zu sagen, das Sie mir mit dem Bilde meiner Mutter gemacht hat. Jeder, der es sieht, bewundert die Künstlerinn, und ich, der ich zu wenig Kenner bin, um einer so geschickten Meisterin durch mein Urtheil ein Compliment zu machen, sezte zu dem allgemeinen Urtheil bloß hinzu, daß ich meine gute Mutter in diesem Bilde vollkommen wieder fand. Erst vor wenigen Tagen blieb Lavater, der auf seiner Durchreise bey mir einsprach, vor diesem Portrait stehen und huldigte der geschickten Hand, die es verfertigte. 

Wie sehr, Madame, würde ich mich freuen, wenn ich einen Pendant zu diesem Bilde von der nehmlichen Hand erhalten könnte. Aber das ist, wie ich fürchte, ein unbescheidener Wunsch, und ich würde ihn auch in der That nicht gewagt haben, wenn nicht eine Versicherung von meinem Vater, daß Ew. Wohlgeb. Nicht ganz dagegen abgeneigt wären, mir dazu Muth machte. 

Vielleicht habe ich in einem Vierteljahr das Glück, Ihnen in meinem Vaterlande die Versicherung meiner Hochachtung mündlich zu erneuern, mit der ich mich jetzt unterzeichne 

                                                Ew. Wohlgeb 
                                         gehorsamster Diener 

Fr. Schiller. Pr. 

[Adresse:] 
                an 
Madame Simanowitz 
   geb. Reichenbach 
                in 
       Ludwigsburg


Bemerkungen

S. 320. Z. 2. lies: d. 24. Z. 8. Lies: Meisterinn. Z. 25. Es kann auch heißen: Fr. Schiller Hr (Hofrat).
Über Ludovike von Simanowitz geb. Reichenbach vgl. das oben angeführte Lebensbild. Sie malte auch das Bild des Vaters, das dieser an Schiller zum 10. Nov. 1793 sandte. Auch Schiller und seine Frau malte sie später.
1 Zu S. 320. Z. 11. Lavater war um den 3. Juni bei Schiller gewesen. Vgl. Fielitz, Sch. u. L. III. 77. 
2 Zu Z. 18. Eine solche Versicherung des Vaters kenne ich nicht. Er schrieb aber am 15. Juni 1793 an den Sohn: „Vergeß Er doch nicht, nur ein Paar Linien an Mlle Reichenbach (Ludovike war schon seit 1790 oder 1791 verheiratet) zu schreiben und das Maaß von Mamas Portrait zu schicken.“