Friedrich SchillerFriedrich Schiller

Friedrich Schiller an Friedrich Cotta. 

Stuttgardt den 14. April [Montag] 94.

Für gütige Uebersendung der Assignation auf 160 fl. Danke ich Ihnen verbindlichst. Es könnte seyn, daß ich meine Abreise schon am 23. oder 24. dieses Monats antreten müßte, wenn Hr. Professor Paulus, in dessen Gesellschaft ich zurückkehren will, sich nicht länger aufhalten ließe. In diesem Fall würde ich Sie bitten, mir die übrigen 200 fl. etwa auf den 22. h. zukommen zu lassen. Zugleich bitte ich, mir in Ihrem nächsten Schreiben ein Concept mitzuschicken, wie ich die Anweisung an Hrn. Göschen einrichten soll. 

Was Ihre Bemerkungen über meinen Ihnen gethanen Vorschlag betrifft, so glaube ich, daß eine mündliche Erklärung uns bald verständigen würde. Das Werk, welches ich Ihnen offerierte, ist freilich kein so glänzender Meßartikel, wie etwa eine modische Schrift, aber es ist auch nicht so vergänglich. Das Bedürfniß, es zu kaufen, ist nichts weniger als allgemein, dafür aber ist es bey der kleineren Anzahl derer, die griechische Litteratur treiben, fortdauernd. Der studierenden Jugend ist ein solches Buch sehr nüzlich, und, da wir wirklich noch kein anderes haben, beinah unentbehrlich. 

Ich will nicht in Anschlag bringen, daß man durch eine gute Uebersetzung der alten Tragiker und durch kritische Zergliederung ihrer Schönheiten den Geschmack an denselben gewiß weiter ausbreiten kann; er ist gewiß jetzt schon ausgebreitet genug, um eine Unternehmung zu begünstigen, die nicht mehr Kosten, als diese, erfodert. Ich würde vor mir selbst erröthen, wenn ich mir einen Augenblick einbilden könnte, daß die Arbeiten eines Sophocles, Euripides und Aeschylus durch meine Aufsätze und Empfehlungen erst ihren Werth erhalten müßten; aber soviel ist allerdings wahr, daß das Verdienst dieser Meister durch eine geschickte Auseinandersetzung mehr geltend gemacht werden kann. Hr. Wieland arbeitet gegenwärtig an einer Uebersetzung des Aristophanes, und ich glaube, der erste Band wird schon in dieser Messe erscheinen. Und doch ist Aristophanes bei weitem weniger übersetzbar und weniger bey dem Publikum empfohlen, als die tragischen Dichter, die also gewiß noch 2mal mehr als Aristophanes eine Verdeutschung verdienen. 

Meine kritischen Abhandlungen kann ich nicht wohl von dem Schauspielen selbst trennen, und Sie würden auch nicht einmal dabey gewinnen, weil ich zur Rechtfertigung und Erklärung meiner Behauptungen so viele Stellen aus den Stücken anführen müßte, daß diese Stücke, bloß citationsweise, beynahe ganz eingerückt würden. Wäre es mir um meinen Vortheil bloß zu thun, so würde ich mich bei Ihrem Vorschlage sehr gut befinden, denn ich brauchte alsdann bloß einem andern Buchhändler die Uebersetzung, und Ihnen meine Abhandlung zu geben, so würden mir die Stücke, dort ganz und hier Stellenweise, doppelt bezahlt. 

Ich habe mit Hrn. Crusius in Leipzig einen beständigen Contract geschlossen, vermöge dessen in ihm alle meine schon gedruckten kleineren Arbeiten, sowohl Originale als Uebersetzungen, die ich Bandweise gesammelt haben will, den Bogen zu einem Carolin, überlasse. Diesem Contract gemäß würde er auch meine Uebersetzung der Griechen zu verlegen bekommen. Weil ich aber diese griechische Trauerspiele nicht in der Suite meiner Schriften, sondern als ein eigenes Werk erscheinen lassen will, so kann ich sie von jenem Contract mit Crusius ausschießen, und habe in dieser Rücksicht vollkommene Freiheit in der Wahl des Verlegers. Dieser Freiheit nun wollte ich mich bedienen, um Ihren Wunsch zu erfüllen, und weil ich wirklich glaubte und auch noch glaube, daß die Entreprise solide sey. Neben meinem Wunsch, Ihnen zu einem nützlichen VerlagsArtikel zu verhelfen, bestimmte mich auch zugleich noch der Umstand, daß zwey meiner Mitarbeiter Ihnen näher sind und vielleicht sogar die Correctur durch Hrn. Nast besorgt werden könnte. Sobald Sie aber überwiegende Gründe haben, diese Unternehmung von der Hand zu weisen, so fällt der wichtigste Grund meines Anerbietens weg, und es bleibt bey meiner alten Verabredung mit Crusius. 

Meine Foderungen wären gewesen 1 Carolin für den Bogen der Uebersetzung und 2 Carolin für den Bogen der Abhandlungen: Da nun 3 Stücke in der Uebersetzung etwa 21 Bogen, die Abhandlungen jedesmal 3 oder 4 Bogen ausmachen, so wäre das Honorar für einen, 25 Bogen starken, Band etwa 28 oder 29 Carolin zu stehen gekommen. Rechne ich nun die Unkosten des Drucks und Papiers auf 22 Carolin, so wird eine Summe von 50 Carolin in den Band gesteckt, welche mit dem fünften Hundert, das Sie verkaufen, schon heraus ist. Was Sie über 500 Exemplare verkaufen (das Exemplar wie billig zu 1. Rthlr oder 1 fl. 12 Batzen gerechnet) ist Profit. 

Gar sehr wünschte ich, daß ich mich über dieses sowohl…


Bemerkungen

Der Schluß des Briefes fehlt und damit auch der Empfangsvermerk.
1 Zu S. 431. Z. 25. Zu Schillers Vorschlag vgl. Nr. 702. Cottas Bemerkungen standen in dem Brief vom 4. April, der nicht erhalten ist. Sie gingen wohl dahin, daß er lieber nur Schillers kritische Abhandlungen zu den altgriechischen Tragikern in Verlag nehme, als die vollständigen Übersetzungen mit den begleitenden Abhandlungen des Dichters. Der ganze Plan blieb unausgeführt, wie ja auch Wielands Aristophanes-Übersetzung (S. 432. Z. 15.) nicht zu stande gekommen ist. Nur einzelne Stücke erschienen im Teutschen Merkur (1794 die Acharner) und im Attischen Museum (Die Ritter, Die Wolken, Die Vögel). Cotta hatte Schiller, wie er im Brief vom 11. April in Aussicht gestellt hatte, in Stuttgart noch vor der Abreise besucht, und namentlich auf der Rückfahrt eines Ausflugs nach Untertürkheim wurden am 4. Mai neue, großartigere Pläne geschmiedet (ein politisches Tagesblatt und die Horen), die den Übersetzungsplan verdrängten.
Zu S. 433. Z. 12. Nast und Conz vgl. Nr. 702.