Friedrich SchillerFriedrich Schiller

Friedrich Schiller an Charlotte Schiller

W. d. 24. Sept. [Mittwoch] 94. 

Bill schreibt, daß die Hofnung nun ganz verschwunden sey, daß die Blattern bey dem Kleinen ausbrechen werden. Du kannst also ohne Anstand auf den kommenden Sontag, als den 28sten, wenn Du willst deine Rückreise antreten. Wo möglich werde ich an dem nehmlichen Tag, wenn nicht früher, auch in Jena seyn. Meine Briefe, die ich von hier aus an Dich schrieb, wirst Du hoffentlich nunmehr haben. Den letzten habe ich erst vorgestern abgeschickt. Von Dir habe ich gestern 2 zugleich erhalten.

Die Nachrichten vom lieben Sohn freuten mich sehr. Ich vermuthe, daß ich ihn sehr verändert finden werde; weil Du ihn täglich siehst, so können Dir seine Fortschritte nicht so auffallen. Herzlich sehne ich mich nach euch beyden. 

Mein hiesiger Auffenthalt bekommt mir übrigens sehr gut. Stelle Dir vor, daß ich die zehen Nächte, die ich nun schon hier zugebracht habe, vortreflich geschlafen habe, ohne durch Krämpfe gestört worden zu seyn. Gewöhnlich war ich schon halb 12 Uhr auch manchmal noch früher im Schlaf. Bey Tage aber war es in dem Verhältniß nicht beßer, wiewohl ich noch ganz gut mit meinem Befinden zufrieden bin. Meine guten Nächte sind vielleicht meiner gänzlichen Enthaltung von Caffee, Thee und Obßt zuzuschreiben, und vermuthlich auch dem ordentlichen Abendeßen, wo ich immer Wein und niemals Bier trinke. Ueberhaupt trinke ich des Tags mehr Wein als gewöhnlich und dieser scheint mir beßer als warme Getränke zu bekommen. Gemüse eße ich Mittags und Abends, und doch vermehren sie meine Blähungen nicht. 

Das Spaziergehen mit G. abgerechnet, bin ich hier noch gar nicht ausgegangen, und noch bey niemand gewesen. Ich war zu Herdern invitiert, befand mich aber nicht wohl genug dazu. Den Tag darauf sprach ich ihn und sie mit Rehbergs hier im Hause. 

Alles übrige mündlich. lebe wohl liebstes und tausend Küsse dem Goldsohn. Chere Mere grüße herzlich, auch Ulriken und Gleichens sage viel freundschaftliches von mir. Adieu.


Bemerkungen

1 Zu S. 21. Z. 9. Das ist der Brief Nr. 746, den Sch. schon am 20. Sept. zu schreiben begonnen hatte. Zu Z. 10. Beide Briefe Lottens fehlen. Zu Z. 16. Ein Beweis, daß Schiller Sonntag d. 14. bei Goethe eingetroffen war.
Zu S. 22. Z. 8. Die drei früheren Briefe sind Nr. 745, 746, 747. Zu Z. 19. die Frau ist Karoline von Beulwitz.