Friedrich SchillerFriedrich Schiller

Friedrich Schiller an Sophie Mereau

[Mitte Juli 1795.] 

Die Mühe, welche Sie auf Verbesserung Ihrer Gedichte verwendet haben, ist durch einen sehr glücklichen Erfolg belohnt. Klarheit, Leichtigkeit und (was bey Produkten der weiblichen Muse ein so seltenes Verdienst ist) Correctheit zeichnen solche sehr vorzüglich aus, und ich darf Ihnen ohne Schmeicheley im Voraus versichern, daß sie in dem Almanach hervorstechen werden. 

Ihre Vorliebe für jenes beschreibende Gedicht1 ist vollkommen gerecht, denn was in den übrigen Gedichten einzeln zerstreut ist, Geist, Empfindung, poetische Mahlerey und fließende Sprache ist in diesem vereinigt. Was die Abkürzung dieses Gedichtes betrifft, so war meine Meinung nicht, eine Auswahl unter den einzelnen Stanzen zu treffen, sondern aus einem Gedicht deren zwey zu machen, weil ich zwey verschiedene Töne der Empfindung darin zu bemerken glaubte, und nur gegen die Einheit des Geistes gefehlt schien. Nach einem zweyten lesen fällt mir aber dieser Umstand weit weniger auf, und so wie es ist, bin ich jetzt auch vollkommen damit zufrieden. So gern ich dieses Gedicht meinem Almanach gönne, dem es zur großen Zierde gereichen wird, so liegen mir doch die Horen noch näher an, und ich hätte große Lust es in diese zu setzen, wenn Sie damit zufrieden sind. 

Unterdessen nehmen Sie für die ganze mir sehr willkommene Lieferung meinen verbindlichsten Dank an. 

In der letzten Zeile des Gedichts Schwarzburg ist eine Silbe ausgelassen, welche noch einzurücken bitte. 

               Ganz der Ihrige 

Schiller.


Bemerkungen

1 Das beschreibende Gedicht ist Schwarzburg. Es erschien im 9. Horenstück 1795.