Friedrich SchillerFriedrich Schiller

Friedrich Schiller an Wolfgang von Goethe

[Jena den 11. August Dienstag 1795.]

Die Erwartung steigt noch immer aber man sieht doch schon von ferne, daß der Wald anfängt lichter zu werden. Die Erinnerung an Marianen thut viel Wirkung und Mignon wächst mit jedem Buch mehr heran. Der düstre Harfenspieler wird immer düsterer und geisterhafter und Philine gefällt mir noch immer treflich wohl. Man freut sich, wie Sie in diesem Buch vorhergegangene Personen und Scenen wieder ins Gedächtniß bringen.

Der vielen Schreibfehler wegen, auch wegen einiger Ungleichheiten in der Schreibart (bald des Publikums, bald des Publici u. s. w.) ist noch viel Aufmerksamkeit zu empfehlen. In dem Gedicht am Schluß haben Sie ein Wort lang gebraucht, das durch die Stellung nothwendig kurz wird, und ein Zeitwort kurz, das lang bleiben muß. 

Verzeyhen Sie mein Geschmiere. Ich muß eilen, um das Manuscript nicht länger aufzuhalten. 

Bald hoffe ich wieder von Ihnen zu hören und wünsche Glück zur Ankunft in Weimar. Meyern meinen freundlichen Gruß. 

Sch.


Bemerkungen

1 Zu S. 234. Z. 2. Das Datum hat Boxberger, Archiv f. Littgesch. II. 562 festgesetzt. 
2 Zu Z. 25. Die Zusage des Besuchs verstehe ich nicht, wenn nicht etwa das kurze Billet Goethes, datiert den 17. August 1795, Brfw. m. G. 4. Aufl. Nr. 87, falsch datiert ist und etwa auf den 14. August zu setzen ist.
3 Zu S. 235. Z. 32. Vgl. die tabula votiva 

Mein Glaube.

Welche Religion ich bekenne? Keine von allen,
   Die du mir nennst! „Und warum keine?“ Aus Religion.

4 Zu S. 236. Z. 31. Goethes Antwort in Z. auf diese Frage lautete: „Sagen Sie der lieben Frau, daß sie meine symbolischen Nadeln gesund brauchen und verlieren möge.“