Friedrich SchillerFriedrich Schiller

Friedrich Schiller an Wolfgang von Goethe

Freitag Abends 22 Aug. [Sonnabend 1795]. 

Ich erinnre mich, wie ich einmal vor 7 Jahren in Weimar saß und mir alles Geld biß etwa auf zwey Groschen Porto ausgegangen war, ohne daß ich wußte woher neues zu bekommen. In dieser Extremität denken Sie Sich meine angenehme Bestürzung als mir eine längst vergeßene Schuld der Litteratur Zeitung an demselben Tage übersendet wurde. Das war in der That Gottes Finger, und das ist auch Ihre heutige Mission. Ich wußte in der That nicht, was ich Cottaen, der Mscrpt für das 9te Stück nöthig hat, heute senden sollte; und Sie als ein wahrer Himmelsbote senden mir zwar nur etwa einen ½ Bogen, aber doch genug um mit dem Apollo einen ganzen auszumachen. 

Ich werde kaum Zeit haben dieses Mscrpt noch zu lesen, ob ich es gleich in orthographischer Rücksicht sorgfältig durchlaufen will. 

Auf Ihr Mährchen freue ich mich sehr, denn es scheint unter sehr guten Auspicien zur Welt zu kommen. 

Herders Abhandlung soll mir auch eine recht angenehme apparition seyn. 

Humboldt begrüßt Sie. Ich werde Ihnen allerley Curiosa die Horen und auch etwas den Meister betreffend zu erzählen haben, wenn Sie hieher kommen, welches ich bald zu thun herzlich bitte. 

Leben Sie recht wohl. 

Sch.


Bemerkungen

1 Das Datum ist in der Handschrift falsch: es muß 21 heißen; denn Freitag war der 21ste. Auch der K. nennt den 21.
2 Zu S. 243. Z. 29. Vgl. Nr. 894. S. 241. Z. 5. Jetzt hatte Goethe die Fortsetzung der Unterhaltungen gesandt.
3 Zu S. 244. Z. 8. Humboldts Brief vom 15. Aug. enthielt allerlei Curiosa, freilich nichts über den Wilh. Meister.