Friedrich SchillerFriedrich Schiller

Friedrich Schiller an Wolfgang von Goethe

Jena den 19. 8br. [Montag] 95. 

Seyen Sie mir willkommen in Weimar! Ich bin recht froh Sie wieder in der Nähe zu wissen. Daß Sie die letzten 8 Tage nicht haben hier seyn können, that mir sehr leid. Ich befand mich bey dem schönen Wetter merklich leichter und bin auch heute wieder spazieren gefahren, welches mir ganz wohl bekam. Freilich ist auch dafür mehrere Tage nichts gearbeitet worden. 

Die Frau Stael erwarte mit Begierde. 

Meinen Brief, den ich Ihnen vorigen Freitag nach Eisenach schrieb, haben Sie vermuthlich noch nicht erhalten, und waren abgereißt, eh er dort ankam. 

Von Humboldt erwarte ich des Quartiers wegen Antwort. Ich habe es, weil ich noch nicht weiß, ob sein Logis in abtretbarem Stande ist, nur so sachte berührt, daß er nicht geniert ist, es auch mit Stillschweigen zu übergehen. Es wäre mir gar lieb, wenn Ihnen eine rechte Bequemlichkeit hier könnte verschafft werden. 

Zu dem Roman wünsch eich alles Glück und Segen. Ich zweifle gar nicht, daß es jetzt das vortheilhafteste für das ganze ist, wenn Sie ununterbrochen darinn leben. Dann halte ich es auch für keinen unbedeutenden Gewinn, wenn Sie den letzten Band einige Monate früher fertig haben, als er in Druck gegeben werden muß. Sie haben eine große Rechnung abzuschließen. Wie leicht vergißt sich da eine Kleinigkeit.

Finden Sie unter Ihren Papieren den Brief, den ich Ihnen im vorigen Jahre nach meiner Zurückkunft von Jena zur Eröffnung einer aesthetischen Correspondenz schrieb, so haben Sie die Güte ihn mir zu schicken. Ich denke jetzt etwas daraus zu machen. Meine Frau u Schwiegermutter die auf einige Wochen hier ist empfehlen sich. 

S.


Bemerkungen

1 Zu S. 293. Z. 6. Goethe war in Eisenach, erst wollte er weiter nach Frankfurt (vgl. an Sch. vom 10. Okt.), kehrte aber schon spätestens am 21. Okt. nach Weimar zurück; nach diesem Brief schient es, als sei er bereits am 18. zurückgekehrt und habe dies Sch. sogleich gemeldet. 
2 Zu Z. 12. Der Brief vom 6. Okt. 
3 Zu Z. 16. Herders Brief, der am 10. bei Sch. eintraf u. vermutlich „das Fest der Grazien“ begleitete, kenne ich nicht. 
4 Zu Z. 30. Versuch über die Dichtungen im 2. Horenstück 1796. Schillers Kommentar ist nicht erschienen.
5 Zu S. 294. Z. 32. Gemeint ist natürlich Meyer.
6 Zu S. 295. Z. 7. Vgl. Nr. 934 u. zu Nr. 907. 
7 Zu Z. 10. Das heißt den Aufsatz der Frau von Stael. Vgl. zu Nr. 932. 
8 Zu Z. 27. Vgl. den Brief vom 8. Okt. 1795.