Friedrich SchillerFriedrich Schiller

Friedrich Schiller an Gottfried Körner

23. Jul.1 [Sonnabend 1796].

Mit meiner Frau und dem Kleinen ist es diese 14 Tage über gut gegangen. Sie besonders befindet sich über alle Erwartung wohl auf, nur die Milch, welche überhaupt sparsam genug kam, bleibt seit mehreren Tagen aus, so daß sie gegen ihre Wünsche das Stillen aufgeben muß. Zwar will sie es noch eine Woche probieren, aber es hat keinen Anschein dazu. Der Kleine mag freilich wohl diese kärgliche Nahrung spüren, doch ist es biß jetzt ziemlich gut mit ihm gegangen. Mit mir war es in diesen 14 Tagen nicht ganz richtig, und dieß ist vorzüglich Ursache, daß ich Dir keine Nachricht gab. Auch hab ich mich über Zerstreuungen u. Verwirrungen in der Zeit verrechnet und wußte nicht, daß ich Dich so lange warten ließ. Ich habe Dir also wohl auch nicht geschrieben, daß meine Frau darauf bestanden hat, die Minna zur Pathin des Kleinen zu erwählen. Sie steht in dem Kirchenbuche, und wird sich also ihrer christlichen Pflichten erinnern.

Goethe war unterdessen auch auf einige Tage hier2, um mit mir eine Conferenz über den Meister zu halten. Wenn diese Angelegenheiten abgethan sind, so will ich Dir die Briefe schicken, welche sie zwischen uns beyden veranlaßt haben. Sie werden Dich sicher interessieren.

Die Xenien konnte ich Dir nicht mehr schicken, weil der Buchdrucker mich drängt; auch ist mit dem ganzen eine Veränderung vorgegangen. Nachdem ich die Redaction davon gemacht, fand sich, daß noch eine erstaunliche Menge neuer Xenien nöthig sey, wenn die Sammlung auch nur einigermaßen den Eindruck eines Ganzen machen sollte. Weil aber etliche hundert neue Einfälle, besonders über wissenschaftliche Gegenstände, einem nicht so leicht zu gebote stehen, und auch die Vollendung des Meister Göthen und mir eine starke Diversion machte: so sind wir übereingekommen, die Xenien nicht als ein Ganzes, sondern zerstückelt dem Almanach einzuverleiben. Außerdem, daß die obigen Gründe dieses nothwendig machen, so gewinnen wir wenigstens noch dieses dabey, daß die einzelnen Xenien einander weniger Schaden thun, weil sie durch verschiedenartige Produkte von fremden Verfassern unterbrochen werden, daß manche, welche zusammen gehörten, nun auch wirklich zusammen gehängt werden, weil wir an die Monodistichalform nicht mehr gebunden sind, endlich auch noch dieses, daß sie jetzt, wo sie unter eigenen Titeln im Register laufen, dem Almanach einen weit größeren Anschein von Reichthum geben. Unter die polemischen kommen jetzt bloß Chiffern, unter die unschuldigen setzen wir unsern Nahmen.

Die Schwäbischen Angelegenheiten und die politischen überhaupt beunruhigen mich doch auch sehr und es mag fallen wie es will, so wird es uns arme Achiver manch hartes Opfer kosten. Ich würde es sehr stark spüren, wenn Cotta so sehr entkräftet würde, daß er seine Unternehmungen einschränken müßte; ohnehin wird das BücherWesen einen großen Stoß erhalten, und die politischen Aspecten begünstigen mich auch von Seiten des Coadjutors nicht mehr, der wahrscheinlich um seine Aussichten betrogen ist. Indessen müssen wir erwarten, was der Himmel über uns verhängt. Lebet beyde herzlich wohl. Von Lolo tausend Grüße.

Dein

Sch.