Friedrich SchillerFriedrich Schiller

Friedrich Schiller an Wolfgang von Goethe

Jena 2. May [Dienstag] 97. 

Ich begrüße Sie aus meinem Garten, in den ich heute eingezogen bin. Eine schöne Landschaft umgiebt mich, die Sonne geht freundlich unter und die Nachtigallen schlagen. Alles um mich herum erheitert mich und mein erster Abend auf dem eigenen Grund und Boden ist von der frölichsten Vorbedeutung. 

Dieß ist aber auch alles, was ich Ihnen heute schreiben kann, denn über den Arrangements ist mir der Kopf ganz wüste geworden. Morgen hoffe ich endlich mit rechter Lust wieder an die Arbeit zu gehen und dabey zu beharren. 

Wenn Sie mir den Text von Don Juan auf einige Tage schicken wollten, würden Sie mir einen Gefallen erweisen. Ich habe die Idee, eine Ballade draus zu machen, und da ich das Mährchen nur vom Hörensagen kenne, so möchte ich doch wissen, wie es behandelt ist. 

Leben Sie recht wohl. Herzlich freue ich mich drauf, bald wieder eine Zeit lang mit Ihnen zu verleben. 

Sch. 

[Adresse:] 
               Des Herrn 
   GeheimenRath von Göthe 
             Hochwohlgeb. 
                                     in 
   fr.                                   Weimar.


Bemerkungen

1 Zu S. 187. Z. 9. Das Fragment der Ballade von Schiller siehe Gödeke, S. S. XI. 216.