Friedrich SchillerFriedrich Schiller

Friedrich Schiller an Wolfgang von Goethe

Jena 23. Jul. [Sonntag] 97. 

Das Warten, bei schon geschnürtem Bündel, ist ein höchst fataler Zustand, von dem ich Sie recht bald erlößt wünsche. Es ist gut, daß Sie gerade jetzt kleinere Beschäftigungen und Spiele vor sich sehen, wozu eine unterbrochene und halbe Stimmung allenfalls hinreicht.

Humboldt schreibt mir, daß seine Frau wieder das Fieber habe. Das wird eine schöne Reise werden, denn sie müssen jetzt schon in Dresden über die Zeit liegen bleiben. Ich sage Ihnen das zum Troste, wie jener Jude zum Schylock: Andre Leute haben auch Unglück.

Die drey Stücke, die mir Humboldt eben zurückschickt, lege ich hier bey. An dem nadoweßischen Liede findet Humboldt ein Grauen und was er dagegen vorbringt ist bloß von der Rohheit des Stoffs hergenommen. Es ist doch sonderbar, daß man in poetischen Dingen und bei einer großen Annäherung auf Einer Seite doch wieder in so directen Oppositionen seyn kann. 

Den Zauberlehrling habe ich an meinem Stuttgarter Componisten geschickt; mir däucht daß er sich vortreflich zu einer heitern Melodie qualifiziert, da er in unaufhörlicher leidenschaftlicher Bewegung ist. 

Leben Sie recht wohl. Ich schreibe Uebermorgen noch, wenn sich indeß nichts ereignet. 

Sch. 

An Böttichern schicke ich heut die Klopfstockiana und hab auch ein paar Zeilen dazu geschrieben.


Bemerkungen

1 Zu S. 227. Z. 28. Humboldts Brief fehlt (eingetr. d. 22. Juli).
Zu S. 228. Z. 1. Die drei Stücke waren Taucher, Polykrates, Handschuh. Vgl. X. Zu Z. 8. Der Stuttgarter Komponist ist Zumsteeg.