Friedrich SchillerFriedrich Schiller

Friedrich Schiller an Luise von Lengefeld

Jena 25. Dec. [Montag] 97. 

Wie angenehm bin ich vorgestern überrascht worden chere Mere, als ich beim Aufstehen Ihre schöne glänzende Gabe und die niedliche Weste fand. Für beides danke ich Ihnen herzlich, ich wüßte wirklich nicht zu sagen, welches von beiden mir das liebste ist. Denn die Weste ist überaus schön, und da Sie selbst Sich damit beschäftigt haben, so werde ich sie mit einer wahren Freude tragen. Das silberne Geschenk hat mich ordentlich erschreckt, denn es ist sehr kostbar, und was haben Wir, Chere Mere, um auch Ihnen wieder eine Freude zu machen. Wären Sie wenigstens öfter bei uns, so könnten wir Ihnen doch unsre herzliche Liebe zeigen. 

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[1-2 Zeilen abgeschnitten.] 

ich Ihnen etwas vorlesen zu können, was Ihnen Vergnügen macht, und das wird auch mein Vergnügen seyn, denn ich ehre Ihr Gefühl, es ist zart und wahr, und wenn ich Sie rühren kann, so bin ich mit meiner Arbeit zufrieden. Kommen Sie ja, sobald es die Umstände erlauben. 

Wenn der Wallenstein fertig ist, so kommen wir gewiß nach Rudolstadt. Ich denke mit Vergnügen daran, denn Rudolstadt ist mir durch so vieles theuer, ich finde dort die Erinnerung an eine frohe Zeit meines Lebens. Der Kreis, worinn Sie leben, würde sehr anziehend für mich seyn, und ich würde es für ein Glück halten, immer darinn leben zu können. Und nun leben Sie wohl, beste Chere Mere, Lolo und Karl grüssen Sie aufs schönste. Bleiben Sie gesund und seien Sie immer so glücklich als Ihnen wünscht 

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[Die Unterschrift ist abgeschnitten.]


Bemerkungen

1 Abgesandt am 26. Dez.