Friedrich SchillerFriedrich Schiller

Friedrich Schiller an Gottfried Körner

Jena, 12. Febr. [Montag] 98. 

Ich sende Dir Humboldts Brief gleich wieder zurück, daß Du in der Antwort nicht aufgehalten wirst; bist Du mit dieser fertig, so sende mir ihn aber wieder, ich zeigte ihn gern Goethen, dem es immer angenehm ist, über sich urtheilen zu hören. 

Was Du über seine Braut von Korinth schreibst, ist im Ganzen unser aller Meinung, und Du nimmst das Gedicht noch ästhetischer, als es vielleicht gemeint war. Im Grunde wars nur ein Spaß von G., einmal etwas zu dichten, was außer seiner Neigung und Natur liegt. Die Bajadere ist freilich schöner. 

Der Brief von H. verrieth mir ein Plänchen von Euch beiden zu einem gemeinschaftlichen oder doch gesellschaftlichen Werk. Soviel ich davon errathen kann, sollte es psychologisch-kritische Zergliederungen und Darstellungen von Schriftstellern oder Schriften enthalten. Es wäre Schade, wenn es nicht zu Stande käme, da es so ganz für Euch paßt. Schreibe mir doch mehreres davon, wenn Du darfst. 

Daß ich den Wallenstein werde liegen lassen, ist jetzt wohl nicht mehr zu besorgen, denn das Schlimmste ist überstanden; ich bin zufrieden mit dem, was ausgeführt ist, und sehe auch hinaus. In 4 Monaten hoffe ich fertig zu seyn; länger, fürchte ich, würde auch die Lust und Liebe nicht reichen, denn die beständige Richtung des Geistes auf Einen Gegenstand wird zuletzt zu einer lästigen Gefangenschaft, und Veränderung ist nöthig, um die Seele frisch zu erhalten. 

Sei so gut und nimm mir von No. A neunzig Ellen und von No. B vierzig Ellen. Letzteres ist recht hübsch zu einer gelben Tapete und ich entschließe mich vielleicht noch zu einem größern gelben Zimmer, welches schon Bordüren hat, die mir nicht recht gefallen, davon zu nehmen. Mit den Spiegeln will ich die Leipziger Messe noch erwarten, ich brauche sie nicht ganz so breit, und kann sie also um so wohlfeiler bekommen. 

Das Geld für die Bordüren, nämlich 4 Thlr. 6 Gr. 6 Pf. will ich beim ersten Paket Horen beilegen. Laß mich doch wissen, wie viel Stücke Dir noch fehlen. Lebe wohl. Herzlich umarmen wie Euch.

Dein 

S.


Bemerkungen

1 Zu S. 341. Z. 27. Humboldts langer Brief vom 21. Dez. 1797 (Ansichten über Aesthetik u. Litteratur von W. v. Humboldt. Briefe an Chr. Gottfr. Körner, Herausgeg. v. F. Jonas 1880), in dem Humboldt eingehend über Goethes Iphigenie spricht.
Zu S. 342. Z. 1. Körner in seiner Kritik des Musenalmanachs für 1798. A. S. 280. Körner erschien das Gedicht die Leidenschaft bis zur Grenze der Karikatur zu steigern und er sei zu alt, um das Schauderhafte noch zu lieben. Zu Z. 6. Humboldt plante eine Arbeit über Diderot und dachte an eine gemeinsame Bearbeitung intellektueller Biographien mit Körner, die einen Deutschen, Franzosen, Engländer und Italiener schilderten.
Zu Z. 21. Nr. A. u. B. sind Proben von Bordüren, die Schiller gewünscht hatte und Körner im Brief vom 19. Jan. beigelegt hatte. Zu Z. 25. Auch über Spiegel hatte Sch. Nachrichten erbeten und im angeführten Brief erhalten.