Friedrich SchillerFriedrich Schiller

Friedrich Schiller an Wolfgang von Goethe

Jena den 28. Jun. [Donnerstag] 1798.

Die Nachricht, daß der Elpaenor von Ihnen sey, hat mich wirklich überrascht; ich weiß nicht wie es kam, daß Sie mir gar nicht dabey einfielen. Aber eben weil ich unter bekannten und wahlfähigen Nahmen keinen dazu wußte, so war ich sehr neugierig auf den Verfasser, denn es gehört zu denen Werken, wo man, über den Gegenstand hinweg, unmittelbar zu dem Gemüth des Hervorbringenden geführt und getrieben wird. Uebrigens ist es für die Geschichte Ihres Geistes und seiner Perioden ein schätzbares Document, das Sie ja in Ehren halten müssen. 

Ich freue mich auf den Magnetischen Cursus gar sehr; in dem Fischerschen Wörterbuch habe ich grade über diesen Gegenstand wenig Trost gefunden da dieser erste Band nicht so weit reicht. Wir wollen dann auch, wenn es Sie nicht zerstreut, über Elektricität, Galvanism und Chemische Dinge uns unterhalten und wo möglich Versuche anstellen. Ich will vorläufig dasjenige darüber lesen, was Sie mir rathen und was sich bekommen läßt. 

An Humboldt geht heute mein Brief ab, die Abschrift lege ich bey, so weit sie sein Werk betrift. Da ich es nicht vor Augen hatte, und mir diese Gedankenrichtung überhaupt jetzt etwas fremd und widerstrebend ist, so habe ich nur in generalibus bleiben können. Sie werden in Ihrem Briefe für das weitere schon sorgen. 

Wenn mir Schlegel noch etwas bedeutendes für den Almanach bestimmen will, so habe ich gar nichts gegen die Einrückung dieser Gelegenheitsverse. Sollen sie aber sein einziger Beitrag seyn, den er nicht einmal ausdrücklich dafür schickt, so könnte es das Ansehen haben, als wenn wir nach allem griffen, was von ihm zu haben ist, und in dieser Noth sind wir nicht. Ich habe so wenig honette Behandlung von dieser Familie erfahren, daß ich mich wirklich in Acht nehmen muß, ihnen keine Gelegenheit zu geben, sich bedeutend zu machen. Denn das wenigste was ich riscierte wäre dieses, daß Frau Schlegel jedermann versicherte, ihr Mann arbeite nicht mit an dem Almanach, aber um ihn doch zu haben, hätte ich die zwey gedruckte Gedichte aufgegriffen. 

Uebrigens ist das an Ifland gerichtete gar nicht übel gesagt, obgleich ich lachen mußte, daß Schlegel sich nun schon zum zweitenmal an dem Pygmalion vergreifen mußte, von dem er gar nicht loskommen kann. 

Meiers Vorschlag wegen der Propyläen als Titel läßt sich schon hören. Meine Gründe dagegen wißen Sie, und wenn dadurch für die Sache was kann gewonnen werden, so kommen sie in keine Betrachtung. 

Leben Sie recht wohl. 

S. 


Bemerkungen

1 Zu S. 399. Z. 18. Von Schlegel erschienen außer diesen beiden noch zwei Gedichte im nächsten Musenalmanach. Zu Z. 33. Außer diesem Gedicht: Der neue Pygmalion an Iffland, hatte Schlegel schon im Musenalmanach auf 1797 ein Gedicht Pygmalion veröffentlicht.
Zu S. 400. Z. 1. Schiller hatte Der Künstler als Titel für Goethes Zeitschrift vorgeschlagen. Vgl. Nr. 1347. Meyer war für den Titel Propyläen seiner Unbestimmtheit wegen. Vgl. X. u. Arch. f. Littgesch. IV. 475.