Friedrich SchillerFriedrich Schiller

Friedrich Schiller an Wolfgang von Goethe

Jena den 11. Dec. [Dienstag] 98.

Es ist eine rechte Gottesgabe um einen weisen und sorgfältig Freund, das habe ich bei dieser Gelegenheit aufs neue erfahren. Ihre Bemerkungen sind vollkommen richtig und Ihre Gründe überzeugend. Ich weiß nicht welcher böse Genius über mir gewaltet, daß ich das astrologische Motiv im Wallenstein nie recht ernsthaft anfassen wollte, da doch eigentlich meine Natur die Sachen lieber von der ernsthaften als leichten Seite nimmt. Die Eigenschaften des Stoffes müssen mich anfangs zurückgeschreckt haben. Ich sehe aber jetzt vollkommen ein, daß ich noch etwas bedeutendes für diese Materie thun muß und es wird auch wohl gehen, ob es gleich die Arbeit wieder verlängert. 

Leider fällt diese für mich so dringende Epoche des fertig werdens in eine sehr ungünstige Zeit; ich kann jetzt gewöhnlich über die andere Nacht nicht schlafen, und muß viel Kraft anwenden, mich in der nöthigen Klarheit der Stimmung zu erhalten. Könnte ich nicht durch meinen Willen etwas mehr, als andere in ähnlichen Fällen können, so würde ich jetzt ganz und gar pausieren müssen. 

Indessen hoffe ich Ihnen doch die Piccolomini zum Christgeschenk noch schicken zu können. 

Möchten nur auch Sie diese nächsten schlimmen Wochen heiter und froh durchleben und dann im Januar wieder munter zu uns und Ihren hiesigen Geschäften zurückkehren. 

Ich bin neugierig zu erfahren, was Sie für das 4te Stück der Propylaeen ausgedacht. 

Leben Sie recht wohl. Ich erhalte einen Abendbesuch von meinem Hausherrn, der mich hindert mehr zu sagen. 

Die Frau grüßt Sie herzlich. Meiern viele Grüße.

S.


Bemerkungen

1 Zu S. 469. Z. 29. Der Hausherr ist Griesbach.