Friedrich SchillerFriedrich Schiller

Friedrich Schiller an Wolfgang von Goethe

Jena 7. Jun. [Freitag] 99. 

Nur zwey Worte für heute, da ich hoffe Sie morgen selbst zu sehen. Wenn nichts dazwischen kommt, so habe ichs Lodern zugesagt, bei der Gesellschaft zu seyn, die er in Belvedere eingeladen.

Dohm hat uns hier seine authentische Nachricht von der Rastädter Geschichte zurückgelassen, die mir zu verschiedenen Bemerkungen Gelegenheit gegeben. Unter andern werden Sie den ganz sonderbaren Widerspruch bemerkt haben der in Absicht auf den Tod des Robertjots darinn vorkommt, wo zwey ganz entgegengesetzte Berichte auf die Aussage des nehmlichen Kammerdieners gegründet werden. Bei einer so feierlich angekündigten Genauigkeit ist solch ein Versehen sonderbar genug, und ich weiß mirs schlechterdings nicht zu erklären. 

In meiner Arbeit bin ich seit 2 Tagen nicht weiter gerückt, gestern hatte ich d ganzen Tag Besuche, und heute eine gewaltige BriefExpedition. 

Das Geschrey das Wieland von Herders Buch erhebt wird wie ich fürchte eine ganz andere Wirkung thun, als er damit beabsichtigt. Wir können es in aller Gelaßenheit abwarten, und wollen bei dieser Comödie, die bunt und lermend genug werden wird, als ruhige Zuschauer unsre Plätze nehmen. Unterhaltung giebt sie uns gewiß. Was auch Wieland gesagt haben mag, so wünschte ich, Cotta sezte es in die allgemeine Zeitung oder Bötticher schickte es dahin, denn es kann nicht allgemein genug bekannt werden. 

H von Fritsch mag sich immerhin die Stelle, die er (wahrscheinlich für irgend ein Stammbuch) zu haben wünscht, aus Grafs Rolle herausschreiben lassen. Ich habe nichts dagegen. 

Leben Sie recht wohl. Ich freue mich Sie auf einige Stunden zu sehen. 

Sch.


Bemerkungen

1 Zu S. 40. Z. 30. Der preußische Gesandte auf dem Rastadter Kongreß hatte über den Gesandtenmord im Namen aller Gesandten einen ausführlichen Bericht verfaßt. Am 6. Juni hatte er Schiller besucht. Vgl. Urlichs, Brfe. an Sch. Nr. 208.
Zu S. 41. Z. 8. Die Arbeit war Maria Stuart. Zu Z. 11. Wieland hatte im Maiheft Herders auf Vernichtung der Kantischen Philosophie zielende Metakritik warm empfohlen, unterließ aber die Fortsetzung des metakritischen Feldzuges, nachdem er durch seinen Schwiegersohn Reinhold auf das Herdersche Mißverständnis Kants aufmerksam gemacht worden war. Vgl. Düntzer, Sch. u. Goethe S. 192 u. X. Zu Z. 22. Grafs Rolle war der Wallenstein. Des Hrn. v. Fritsch Schreiben, das er durch Goethe übersandt hatte und in dem er darum bat, sich die Stelle ausschreiben lassen zu dürfen, kenne ich nicht.