Friedrich SchillerFriedrich Schiller

Friedrich Schiller an Georg Heinrich Nöhden

Jena 24. August [Sonnabend] 1799.

Empfangen Sie meinen verbindlichsten Dank für die freundschaftlichen Bemühungen, die Sie meinetwegen zu übernehmen die Güte hatten. Ich würde die Vorschläge des Hrn. Miller mit vielem Vergnügen annehmen, wenn mein Engagement gegen meinen Verleger Cotta in Tübingen mir erlaubte, die Erschienung des Wallenstein in Deutschland noch länger zu verzögern. Diese ist aber auf Ostern 1800 festgesetzt und ich kann mein Wort nicht zurücknehmen. Sonst aber wäre es mir sehr angenehm, denselben Contrakt, welchen Herr Miller in Absicht auf den Wallenstein eingehen wollte, auf meine künftigen Stücke und zunächst auf mein neuestes Stück, Maria Stuart, das mit Ende dieses Jahrs fertig wird, zu übertragen. Zugleich wollte ich Hrn. Miller vorschlagen, im Fall Ihre Zeit und Neigung Ihnen selbst dieses Geschäft nicht erlaubte, die Uebersetzung der Maria dem Hrn. Mellisch aufzutragen, der das Goethesche Gedicht Hermann und Dorothea neuerdings übersezt und Hrn. Bell zum Verlag gegeben hat. Dieser Herr Mellisch, ein sehr gebildeter, in alter und neuer Literatur vollkommen erfahrener Mann, wohnt seit einigen Jahren ohnweit Jena und wir hätten den Vortheil einer schnellen und leichten Communikation. Er hat auch schon verschiedenes aus Wallenstein übersezt, das nach meinem Urtheil vollkommen genau und, nach dem Urtheil der Kenner des englischen Sprachgeistes, auch sehr schön gelungen ist. Wir würden auch den Vortheil haben, daß das Stück viel früher übersezt werden könnte, und ich könnte das englische Manuscript Hrn. Miller mit Anfang des März versprechen, weil ich das deutsche Original Aktweise zum Uebersetzen geben kann. Wenn Hr. Miller es verlangte, so würde ich mich, mit Hrn. Mellisch, auch in der englischen Ausgabe als Mitherausgeber nennen und in der Vorrede dem Publikum von dem Werk und von der Uebersetzung Rechenschaft geben. 

Sollte Hr. Miller meine Proposition annehmen, so wird er die Güte haben zu erklären, was er für die Uebersetzung zu bezahlen geneigt ist. Um Ihre Gefälligkeit nicht zu mißbrauchen, ersuche ich denselben, sich persönlich und in englischer Sprache nur an mich selbst zu wenden, worauf ich ihm unsern Contrakt gleichfalls englisch und von Hrn. Mellisch aufgesezt, sogleich zufertigen will. Den Wallenstein habe ich an Hrn. Bell überlassen, da dieser nichts dagegen hat, wenn das Original früher herauskommt. 

F. Schiller.


Bemerkungen

1 Abgesandt d. 26. Aug.
X. Vom 24. Juli (eingetr. 7. Aug.). Vgl. A. 345.
Zu S. 77. Z. 1. Eine Übersetzung: Mary Stuart Transl. by J. C. M[ellish], London and Tübingen 1801, ist in Gödekes Grundriß angegeben. Seine Übersetzung von Hermann und Dorothea erwähnt Goethe im Brief an Sch. vom 2. Mai 1798. Bei Gödeke ist sie nicht aufgeführt. Mellish war 1768 geboren, lebte schon seit längerer Zeit in Thüringen, zur Zeit in Dornburg. 1802 kaufte Sch. von ihm sein Haus in Weimar. Mellish war verheiratet mit einem Frl. v. Stein. Er starb am 18. Sept. 1823 zu London als brittischer Generalkonsul für die freien Hansestädte. 1818 erschienen bei Perthes & Besser in Hamburg: Gedichte von Joseph Charles Mellsih, Esqre., die der Großherzogin Louise von Weimar gewidmet waren. (Darin auch Übersetzungen deutscher Gedichte ins Englische von Hölty, Matthisson, Goethe, Schiller, Neubeck, Bürger.)