Friedrich SchillerFriedrich Schiller

Friedrich Schiller an Wolfgang von Goethe

Jena den 3. Sept. [Dienstag] 99.

Ich habe keine weitere Nachricht des Quartiers wegen von Ihnen erhalten, und rechne nun ganz darauf, daß es für mich gemiethet ist. Die Umstände nöthigen mich, die Rudolst.: Reise 8 Tage früher anzutreten, wir gehen morgen von hier und ich denke auf den Dienstag oder Mittwoch in Weimar seyn zu können. Ihr Brief fände mich also morgen nicht mehr hier. Leider werde ich also in den nächsten 8 Tagen nichts von Ihnen hören, wenn mir nicht die Theaterdepeschen von Weimar nach Rudolstadt ein paar Zeilen bringen. 

Ich werde nun in meiner dramatischen Arbeit eine Zeitlang pausieren müssen, wenn noch an den Almanach gedacht werden soll. Der Abschnitt ist auch schicklich, ich habe die Handlung bis zu der Scene geführt, wo die beiden Königinnen zusammen kommen. Die Situation ist an sich selbst moralisch unmöglich; ich bin sehr verlangend, wie es mir gelungen ist, sie möglich zu machen. Die Frage geht zugleich die Poesie überhaupt an und darum bin ich doppelt begierig sie mit Ihnen zu verhandeln. 

Ich fange in der Maria Stuart an mich einer größern Freiheit oder vielmehr Mannigfaltigkeit im Silbenmaß zu bedienen, wo die Gelegenheit es rechtfertigt. Diese Abwechßlung ist ja auch in den griechischen Stücken und man muß das Publicum an alles gewöhnen. 

Sehr freue ich mich Ihnen nun, obgleich durch einen großen Umweg, mich wieder zu nähern, denn ich werde unmittelbar von Rudolstadt nach Weimar gehen. 

Leben Sie recht wohl für diese acht Tage. 

Die Frau grüßt aufs beste. 

Sch. 

[Adresse:]
           An des Herrn
   Geheimenrath v. Göthe
           Hochwohlgeb.
                                   in
   fr.                                 Weimar.