Friedrich SchillerFriedrich Schiller

Friedrich Schiller an Wolfgang von Goethe

Jena 1. Nov. [Freitag] 1799. 

Der 21ste Tag der Krankheit ist jezt vorbei, das Fieber hat sehr abgenommen und ist oft ganz weg, aber die Besinnung ist noch nicht wieder da, vielmehr scheint sich das ganze Uebel in den Kopf geworfen zu haben und es kommt oft zu völlig phrenetischen Accessen. Wir sind also zwar wegen des Lebens meiner Frau nicht mehr in Sorgen, aber können uns der Furcht nicht erwehren, daß ihr Kopf leiden möchte. Indessen glaubt Starke noch immer uns hierüber ganz beruhigen zu können. An wirksamen Mitteln hat er es von Anfang an nicht fehlen lassen, und ist, nach Maaßgabe der Krankheit immer damit gestiegen. Jezt werden kalte Umschläge um den Kopf gebraucht, die nicht ohne guten Effekt zu bleiben scheinen, denn seitdem diese appliciert werden, hat meine Frau mich und ihre Mutter auf Augenblicke wieder erkannt. 

Ich thue das mögliche, um mich von der Qual bei Tag und Nacht auf Stunden zu erhohlen und kann mich bis jezt über meine Gesundheit nicht beklagen. Aber die Sache droht langwierig zu werden, und für diesen Fall weiß ich noch keinen Rath. 

Leben Sie recht wohl. Ich werde abgerufen. 

Sch. 

[Adresse:]
                Des Herrn
   Geheimen Rath von Göthe
              Hochwohlgeb.
      fr.                               Weimar.