Friedrich SchillerFriedrich Schiller

Friedrich Schiller an Gottfried Körner

Jena 18 Nov. [Montag] 99. 

Seit einigen Tagen beßert es sich mit meiner Frau, aber langsam und mit kaum merklichen Schritten. Sie scheint sich und ihren Zustand mehr zu fühlen, zeigt mehr Aufmerksamkeit und Antheil für die Dinge, die sie umgeben und das Gedächtniß fängt auch an, sich wieder einzustellen, obgleich die Phantasie noch gar nicht beruhigt ist und ihre Phantasmata in alles einmischt. Der Arzt versichert übrigens, daß zwischen jetzt und den nächsten zehn Tagen eine entscheidende und gute Veränderung erfolgen werde. 

Das Kleine hat sich immer vortreflich befunden und ist ein allerliebstes Kind. Es hat eine Gesunde und heitre Amme, die einen glücklichen Einfluß auf seine Gesundheit hat. Der Anblick dieses gesunden und fein gebildeten Kindes hat uns in den bißherigen Leiden oft erheitert. 

Lebe recht wohl. 

An Minna und Dorchen herzliche Grüße. 

Dein 

Sch.


Bemerkungen

1 K. wurde in der Zeit der Krankheit Charlottens u. des Umzugs nach Weimar, wie es scheint, ungenau geführt und die Einträge zum Teil aus der Erinnerung nachgetragen.