Friedrich SchillerFriedrich Schiller

Friedrich Schiller an Joseph Charles Mellish

Weimar 16. März [Sonntag] 1800.

Verzeihen Sie mir, lieber theurer Freund, daß ich so schlecht Wort gehalten, Ihnen die fertigen Akte der Maria nicht geschickt und Ihre beiden letzten Briefe so lang unbeantwortet gelassen habe. – Der Einfall, den Macbeth auf das Theater zu bringen, hatte mich veranlaßt die Maria auf einige Wochen zurück zu legen. Ich glaubte jene Bearbeitung des Macbeth für unsre Bühne würde ein Werk von 8 oder 14 Tage seyn; wie ich aber die Sache ernstlich anfaßte, so fand ich, daß keine der alten Uebersetzungen in Prosa zum Grund gelegt werden können, und daß ich das Stück ganz neu und zwar in Jamben übersetzen müsse. So kam ich unerwartet und fast wider meinen Willen in diese Arbeit hinein und an die Maria wurde in der Zeit nicht gedacht. – Zum Unglück überfiel mich am Ende dieses Geschäfts eine schwere Krankheit, die mich nun schon 4 Wochen in die völligste Unthätigkeit versetzt und von der ich mich noch nicht erholt habe. Es war eine Art von Nervenfieber, das sich zugleich mir auf die Brust warf und mich einige Tage in große Gefahr setzte. 

Herrn Millars Brief hat auch mich abgeschreckt mich mit ihm einzulassen und ich halte es für das Rathsamste, daß die Uebersetzung nach dem ungedruckten Manuscript erst vollendet und alsdann ein solider Verleger dazu gesucht wird. – Dieses wird mein deutscher Buchhändler Cotta gern übernehmen, und wenn es seyn müßte, würde er auch selbst die Druckkosten der englischen Ausgabe bestreiten, welches aber gewiß nicht nöthig seyn wird. Auf jeden Fall hebe ich alles Negoce mit Millar auf, dessen Zweideutigkeit mir alles Vertrauen genommen hat. – Doch wir werden schon mündlich über diese Angelegenheit conferieren; einstweilen sende ich Ihnen den ersten Akt der Maria. Wenn dieser übersetzt ist, wird der dritte auch nachfolgen und so nach und nach das Ganze. – 

Ich wünsche Ihnen und den Ihrigen die beste Gesundheit und bitte mich, nebst meiner Frau, der Frau von Mellisch gehorsamst zu empfehlen. – 

Lassen Sie doch recht bald etwas von sich hören und geben mir unmittelbar oder durch Herrn Lawrence nur in 2 Worten Nachricht über den richtigen Empfang dieses Manuscripts, worauf ich um es der Post zu empfehlen und einen Schein darüber zu erhalten einen willkührlichen Valor gesetzt habe…

 

N. S. In diesem Augenblick fällt mir ein, daß ich Ihren Wunsch, meinen Wallenstein zum lesen zu erhalten, noch nicht beantwortet. Es wird gerade jetzt an den Piccolominis hier in Weimar gedruckt und außer dem TheaterExemplar, das nicht weggegeben wird, besitze ich keine Copie als die in der Druckerei ist. Aber in 14 Tagen sind die Piccolominis gedruckt, da sollen sie die Aushängebogen davon erhalten, nebst dem Manuscript vom Wallenstein. – Es ist mir auch lieber das Werk in der neuen Gestalt aus der Hand zu geben, denn in der Form, worin es gespielt wurde waren viele Lücken und bedeutende Züge weggelassen.


Bemerkungen

1 Zu S. 137. Z. 30. Vgl. zu Nr. 1464 u. 1492.
Zu S. 138. Z. 16. Mellish hatte einen Brief des Londoner Buchhändlers Miller an ihn in X. eingeschlossen.