Friedrich SchillerFriedrich Schiller

Friedrich Schiller an Charlotte Schiller

Mittwoch 21. May [1800]. 

Ich sehne mich wieder etwas von euch zu hören, weil gestern keine Post gegangen ist. Da sich das Wetter verbessert hat, so geniesse ich meinen Auffenthalt hier auch besser und bin nun schon in einer ziemlichen Uebung des Spazierengehens. Gestern und vorgestern habe ich den Wald zwey, drei Stunden lang frisch durchwandert und mich ganz wohl darauf befunden. Die Arbeit rückt auch fort, obgleich in den ersten Tagen die Kälte mir viel Unbehaglichkeit verursachte. 

Vor etlichen Tagen habe ich unter lauter Forstleuten und Jägern zu Mittag gegessen, denn der Stein aus Weimar war hier und noch etliche Oberförster aus der Nähe, da hat meine Wirthin sich sehen lassen und uns mit prächtigen Fischen und Krebsen tractiert, obgleich hier weit und breit kein Wasser ist. Ich ergötzte mich sehr in der Gesellschaft. 

Vorgestern bekam ich einen unerwarteten Besuch vom Herzog, der hier durchkam und mich beim Arbeiten überraschte. 

Diesen Morgen wird der General Voss mit seiner Frau hier erwartet. 

Das sind meine Neuigkeiten. Möge ich von euch viel gutes hören. Wolzogens grüße vielmals. 

Adieu liebs 

dein 

S.


Bemerkungen

1 X. Vom 18. Mai. Z. Vom 21. Mai. (Es scheint, daß dieser Brief nicht die Antwort auf Nr. 1585 ist, sondern daß sie sich kreuzten.)
Zu S. 157. Z. 29. Der Oberforstmeister von Stein, ein Schwager von Mellish. Schiller hatte ein großes Tendre für ihn u. behauptete, er erinnere ihn an einen Wilden des Orinocco. In zwanzig Jahren, fürchtete er, gäbe es diese Rasse Menschen gar nicht mehr. Vgl. Urlichs I. 460.
Zu S. 158. Z. 1. Vgl. Z. Zu Z. 3. Über den General Voß verweist Fielitz auf Düntzer, Charl. v. Stein II. 128.