Friedrich SchillerFriedrich Schiller

Friedrich Schiller an Friedrich Cotta

Weimar 10. Jul. [Donnerstag] 1800.

Verzeihen Sie mein langes Stillschweigen werthester Freund. Die Unentschlossenheit in der ich war wegen des Almanachs verspätete mein Schreiben von einem Posttag zum andern. Jezt aber kann ich Ihnen nicht länger verbergen, daß es mir nicht möglich ist, Ihnen dieses Jahr den Almanach zu versprechen. Zum lyrischen fehlt es mir gänzlich an Neigung und ohne diese kann ich nichts leisten. Alle meine Aufmerksamkeit hat sich auf einen neuen dramatischen Stoff gewendet (nicht die Maltheser) dieser beschäftigt mein ganzes Interesse und läßt mich an nichts anders denken. Werden Sie also nicht ungehalten auf mich daß ich so schlecht auf meiner Entschließung beharrte. Sie müssen einmal den Poeten etwas zu gute halten, denn der Wille und die Vernunft selbst vermögen über Laune und Phantasie nicht viel. 

Indessen wenn Sie den Almanach nicht gern ganz fallen lassen so proponiere ich Ihnen die Maria Stuart dazu. Das ist ganz Ihre Sache, und vielleicht ist es sogar für die künftige Sammlung meiner Theaterstücke in merkantilischer Hinsicht besser, wenn die neuherauskommende Stücke in verschiedenen Formaten erscheinen, weil alsdann die Sammlung selbst um so nöthiger wird. 

Mit dem neuen Stück, an das ich eben jezt gehe, kann ich vor Ende des Decembers nicht fertig werden, es würde also zu dem Almanach damit zu spät seyn. 

Wegen der Propyläen habe ich mit Göthen gesprochen, und er proponiert vor der Hand, daß Sie ihm für das Stück, welches jezt gedruckt werden soll geben können, was Ihnen beliebe. Sie brauchen ihm also nicht mehr zu geben, als Ihnen nach Abzug der Druckkosten von dem Gelde, das dafür einkommt noch übrig bleibt; so daß Sie also bei diesem Stück keinen Verlust erleiden. Was die künftige Fortsetzung betrift, so will er den Absatz der Propyläen noch ein halbes Jahr abwarten, und vor den nächsten Ostern kein neues Stück mehr herausgeben. 

Zum Damencalender kann ich Ihnen außer den Worten des Wahns, die Sie in Händen haben, nichts mehr liefern, wenigstens nichts gewiß versprechen. Sollte ich binnen 2, 3 Wochen noch etwas finden, so sende ichs zu beliebigen Gebrauch. 

An Matthisson habe ich die Gedichte vor einigen Wochen abgeschickt. 

Meine Frau ist seit mehreren Wochen nach Rudolstadt verreißt. Sie erfreut sich mit mir Ihrer glücklichen Ankunft zu Stuttgardt und grüßt Sie und Ihre liebe Frau, so wie ich, aufs herzlichste. 

Leben Sie recht wohl und möge sich das Kriegsgewitter glücklich von Ihnen und dem lieben Vaterlande wegziehen. Ganz der Ihrige 

Schiller.


Bemerkungen

Empfangs- u. Beantwortungsvermerk:
23. Juli.
4. Aug.

1 Zu S. 170. Z. 10. Der neue dramatische Stoff war die Jungfrau v. Orleans.
Zu S. 171. Z. 7. Nach K. hatte Sch. am 30. Juni an Matthisson geschrieben.