Friedrich SchillerFriedrich Schiller

Friedrich Schiller an Wolfgang von Goethe

Weimar 30. Jul. [Mittwoch] 1800.

Der heitre Ton Ihres Briefs beweißt mir, daß es Ihnen in Jena ganz wohl geht, wozu ich Glück wünsche. Ich kann dasselbe von mir nicht rühmen, der Barometerstand, der Ihnen so günstig ist, regt meine Krämpfe auf und ich schlafe nicht gut. Unter diesen Umständen war mir die Nachricht von Körnern, daß er nicht reisen könne, sehr willkommen. Ich werde also nicht nach Lauchstädt gehen, und mache dadurch einen unverhofften Gewinn an Zeit und auch an Geld; denn so gern ich ihn wieder gesehen hätte, so war es mir gerade jezt ein wenig lästig? 

Ich gratuliere zum Fortschritt in Ihrer Arbeit. Die Freiheit, die sie sich mit dem französischen Original zu nehmen scheinen, ist mir ein sehr gutes Zeichen Ihrer productiven Stimmung, auch auguriere ich daraus, daß wir noch einen Schritt weiter vorwärts kommen werden als beim Mahomet. Mit Verlangen erwarte ich die Mittheilung des Werks und unsre Gespräche darüber. Wenn Sie den Gedanken mit dem Chor ausführen, so werden wir auf dem Theater ein wichtiges Experiment machen. 

Auch von meinem Stück hoffe ich Ihnen wenn Sie zurückkommen das fertige Schema vorzulegen und mich, ehe ich an das Ausführen gehe, Ihrer Beistimmung zu versichern. In diesen lezten Tagen hat mich der Schluß meiner Gedichtsammlung noch beschäftigt. Die Stanzen über den Mahoment habe ich auch darinn abdrucken lassen. Göpferdt kann Ihnen, wenn Sie neugierig darauf sind, die Bogen R und S zusenden, sobald sie abgedruckt sind. 

Kirms hat mir heute eine sehr willkommene Rolle Geld zugesendet, für die ich Ihnen bestens Dank sage. 

Meine Frau grüßt Sie aufs schönste. Leben Sie recht wohl, und erfreuen sich der bunten Mannichfaltigkeit, die Sie in Jena umgiebt. Mellisch ist gestern hier durchgekommen und wohnt wieder in Dornburg. Er hat mir viel von dem lustigen Leben erzählt, das in Wilhelmsthal geführt wird, wo es sehr utopisch zugeht. Meine Schwägerin hatte ein großes Unglück mit dem Wagen, der entzwei gieng, doch hat sie selbst keinen Schaden gelitten. 

Leben Sie recht wohl. 

Sch. 

[Adresse:]
                   An
   Herrn Geheimen Rath
            von Göthe
         Hochwohlgeb.
                             in
   frey.                        Jena.


Bemerkungen

1 Zu S. 183. Z. 12. Die Arbeit war die Übersetzung des Tancred. Zu Z. 19. „ihr“ ist ein Schreibfehler. Zu Z. 28. Am 29. erhielt Sch. Kirms’ Brief (Nr. 1609) und am 30. ließ er das angekündigte Honorar abheben.