Friedrich SchillerFriedrich Schiller

Friedrich Schiller an Gottfried Körner

Weimar, 3. September [Mittwoch] 1800. 

Ich habe lange nichts von Dir gehört, und sehne mich nach ein paar Zeilen, wie es Euch geht. Seit meinem letzten Briefe an Dich bin ich ziemlich müßig gewesen, und sehe mich in meiner Arbeit um gar nichts vorgerückt. Diesen Monat werde ich besser zu benutzen suchen. Goethe ist auch in die Einsamkeit gegangen, um etwas zu treiben; denn er hat das Unglück, daß er in Weimar gar nichts arbeiten kann. Was er binnen vier und fünf Jahren geschrieben, ist alles in Jena entstanden. 

Humboldts haben ihre Zurückkunft, die am Ende dieses Monats erfolgen sollte, auf vier Wochen weiter hinausgerückt, weil die Frau und die Kinder nicht wohl sind. Er wird seine spanische Reise beschreiben, und drucken lassen; einzelne Fragmente hat er schon vorläufig geschickt, die sich sehr artig lesen lassen. 

Hier erhältst Du meine Gedichte. Du wirst manche vergeblich darin suchen, theils weil sie ganz wegbleiben, theils auch weil es mir an Stimmung fehlte, ihnen nachzuhelfen. Diese bleiben also entweder auf einen möglichen zweiten Theil, oder doch auf eine neue und erweiterte Ausgabe des gegenwärtigen verspart. Auch in denen, welche eingerückt sind, wirst Du manches Einzelne, und vielleicht ungern vermissen; aber ich habe nach meinem kritischen Gefühl gehandelt, und der Rundung des Ganzen das Einzelne, wo dies störte, aufgeopfert. Besonders habe ich die Gedichte von gewissen abstracten Ideen möglichst zu befreien gesucht; es war eine Zeit, wo ich mich allzusehr auf jene Seite neigte. Ganz neue wirst Du nicht viele finden und auch nicht erwarten, da Du weißt, wie unhold dieser Winter mir gewesen ist. Indessen ist doch einiges, was Du noch nicht kennst, dazugekommen.

Mit dem Absatz des Wallenstein bin ich und mein Verleger recht wohl zufrieden. Eine Auflage von viertehalbtausend Exemplaren ist schon beinahe ganz vergriffen, und Cotta macht Anstalt zu einer zweiten Auflage; welches viel Glück ist, da der Wallenstein erst seit zwei Monaten aus der Presse ist1

S.


1 Vgl. Goethe-Schiller Briefw. Nr. 762. 5. Sept. 1800.


Bemerkungen

1 Nach K. abgesandt d. 4. Sept.
X. Vom 6. Aug. (eingetr. d. 11.). Z. Vom 10. Sept. (fehlt in K.).
Zu S. 194. Z. 22. In K. ist aus dieser Zeit kein Brief Humboldts verzeichnet. Sch. wird die Nachricht aus Humboldts Brief an Goethe (Bratranek, Goethes Briefe an die Gebrüder v. Humboldt S. 162) entnommen haben, der bei Bratranek wohl nicht ganz vollständig abgedruckt ist. Humboldt hatte einen für die Propyläen bestimmten Aufsatz: „Der Montserrat bei Barcellona“ eingesandt, der dann erst 1803 zuerst in den Allgem. geogr. Ephemeriden von Gaspari und Bertuch abgedruckt wurde.
Zu S. 195. Z. 1. Der zweite Band erschien 1803. Über die Anordnung der Gedichte in dieser Ausgabe vgl. Kettner, Vierteljahrsschr. f. deutsche Littgesch. III. 128.