Friedrich SchillerFriedrich Schiller

Friedrich Schiller an Charlotte Schiller

Jena 16. März [Montag] 1801. 

Ich bin in den lezten drei Tagen ganz ungestört geblieben und dadurch auch in meiner Arbeit gefördert worden. Gegen das Tumultuarische in W. ist mein Aufenthalt im Garten doch ohne Vergleich ruhiger und der Arbeit günstiger. Ich denke den Rest meines Stücks hier noch im Groben durchzuarbeiten, daß dasjenige, was zur Erfindung gehört, fertig ist, ehe ich nach W. zurückkomme; denn ausarbeiten und in Ordnung bringen geht dort eher an, aber zum Schaffen gehört absolute Ruhe. Bis zum Osterfest könnte also wohl mein Auffenthalt hier noch dauren, unterdessen komme ich einmal hinüber oder sehe euch hier, wie es dir am liebsten ist. 

Eine Frühlingskur wird dir recht gut thun und ich will dir am nächsten Botentag Starks Meinung schreiben, den ich Morgen oder Uebermorgen besuchen will. 

Arbeite deine Geschichte nur mit dem möglichsten Fleiße aus, daß sie schon eine Gestalt hat, wenn du sie mir mittheilst. Sie giebt uns dann eher Gelegenheit, das Wesentliche worauf es ankommt zur Sprache zu bringen und über die Grundsätze, nach denen verfahren werden muß, in Ordnung zu kommen. 

Von Kant existiert keine Schrift unter dem Titel die Erscheinungen, aber eine andere: Träume eines Geistersehers. Wenn du diese meinst, so will ich sie zu bekommen suchen, es wird sie aber schwerlich jemand hier haben, Reinhold weiß ich, war der einzige. 

Meinen Brief an die Herzogin unterlasse ich recht gern. Sie wird zwar immer etwas böse auf mich seyn, daß ich sie wenigstens unschuldig veranlaßt habe, sich in die Sache zu mischen, ohne des Erfolgs gewiß zu seyn; aber das vergißt sich bis zu meiner WiderErscheinung im Comödienhauße. 

Eben schickt mir Kirms einen Expressen wegen dem Wallenstein. Du kannst ihm das TheaterMscrpt, welches in meiner Stube liegt, ausliefern. 

In Stuttgardt werden Capitalien zu 5 pro Cent von der Landschaft aufgenommen. Ueber das Geld ist völlige Sicherheit, weil die Landschaft durch das Land selbst garantiert ist. Man muss aber binnen 4 Wochen das Geld hin schaffen. Da die Chere Mere wich ich weiß ihr Geld nur zu 4 pro Cent stehen hat so wäre bei einer großen Summe kein unbeträchtlicher Gewinn zu machen, auf jedes zehentausend, hundert Thaler mehr. Schreibe ihr das doch, und wenn sie Lust hat, auch ihre Capitalien schnell zurückgezahlt bekommen kann, so soll sie unsere züglich an mich hieher schreiben. 

Lebewohl liebe Maus, umarme die lieben Kinder, grüß die Christel und die Frau. 

Sch.


Bemerkungen

1 Zu S. 253. Z. 17. Lotte übersetzte öfters kleine Erzählungen aus dem Französischen. Mehrere derselben wurden gedruckt. Vgl. Gödeke, Geschäftsbrfe. S. 226. Schon Gödeke hat a. a. O. gewünscht, daß sie einmal gesammelt würden. Zu Z. 27. Vgl. X. u. Lottens Brief vom 10. März, sowie Nr. 1669 u. Charl. v. Sch. I. 280.
Zu S. 254. Z. 14. Christel ist Christiane von Wurmb.