Friedrich SchillerFriedrich Schiller

Friedrich Schiller an Leopold von Seckendorff

Jena 16. März [Montag] 1801. 

Verzeihen Sie mein spätes Schreiben, theurer Freund, ich wußte aber in der bewußten Sache nicht leicht Rath zu finden. 

Nach der reifsten Ueberlegung muß ich Ihnen aber doch von der Fortsetzung des Werks, wenigstens unter der alten Gestalt, abrathen, denn daß die erste Lieferung, die noch dazu durch Goethens bedeutenden Beitrag vorzüglich ist, nicht einmal recht in den Buchhandel kam, ist ein schlimmer Umstand, der jeden Buchhändler abschrecken wird.

Cotta kann ich nicht gut dazu auffordern, weil ich ihm schon vor einem Jahr in einer weitläufigen Deduktion bewiesen habe, daß er sich auf nicht zu viele Werke repandieren solle, er würde mir also mein eigenes Raisonnement entgegen halten und mich zum Schweigen bringen. 

Hier in Jena habe ich bei Fromman angeklopft, er hat aber keine Lust bezeugt. 

Ich berufe mich nochmals auf alle die Vorstellungen und Bedenken, die ich Ihnen vor der Herausgabe des ersten Stücks schon gemacht zu haben mich erinnere, und die jetzt durch Ihre Ortsveränderung und durch den wenigen Succeß des ersten Stücks eine neue Kraft erhalten. 

Möchten Sie übrigens nur Mittel finden, länger in Weimar zu bleiben, so würde sich schon noch ein literarisches Unternehmen ausführen lassen. Ihre Abreise würde ich sehr bedauern und noch immer hoffe ich, daß es nicht dazu kommen werde. 

Ganz der Ihrige 

Schiller.


Bemerkungen

1 Zu S. 254. Z. 19. Die bewußte Sache ist die Fortsetzung des Seckendorffschen Taschenbuchs in Cottas Verlag. Im ersten Hefte stand Goethes Paläophron und Neoterpe, und er hatte nach X. doch schlechten Absatz gefunden. Über die 2. Lieferung, das Ostertaschenbuch, urteilte Sch. in Nr. 1680 ungünstig. Die Fortsetzung unterblieb.
Zu S. 255. Z. 4. Seckendorff ging nach Regensburg.