Friedrich SchillerFriedrich Schiller

Friedrich Schiller an Luise Frankh

Weimar 10. April [Sonnabend] 1802.

               Liebste Schwester, 

In der traurigen Lage, worin sich unsre gute Mutter befindet ist es mir ein wahrer Trost, daß sie bei Dir und Deinem lieben Mann eine so liebevolle Pflege findet. Anfangs fürchtete ich freilich, sie würde Euch bei einem engen Haußwesen zu viele Beschwerlichkeiten machen, aber Deine kindliche Liebe und die edle Denkart Deines Mannes haben diese Bedenklichkeiten überwunden, wofür ich Euch ewig danken werde. Und da auch der Arzt in Eurer Nähe ein so geschickter und gefälliger Mann ist, so ist keine Frage, daß die liebe leidende Mutter nirgends so gut aufgehoben seyn kann, als bei euch. Du wirst mir aber erlauben, liebe Schwester, daß ich auch von meiner Seite etwas beitrage, dir diese Beschwerlichkeit zu erleichtern, ich werde daher mit Cotta aus Tübingen die Uebereinkunft treffen, daß er die liebe Mutter mit dem nöthigen Gelde versorgt, um die außerordentlichen Ausgaben, die ihre Krankheit erfordert, gemächlich bestreiten zu können. Ich bin, nach dem lezten Brief der lieben Mutter, doch etwas ruhiger über ihre Umstände und halte es nicht für unmöglich, daß ihr Zustand erträglicher ist, als die Aerzte meinen. Haben wir doch bei ihr schon die Erfahrung gemacht, vor zwölf Jahren, als es so weit mit ihr gekommen war, wie ihre gute Natur sich auch aus den hofnungslosesten Umständen helfen kann, also wollen wir auch jezt nicht verzagen. 

Erfreue uns ja bald mit guten Nachrichten und laß uns auch wissen, wie Du u. Dein lieber Mann leben. Wir hören so wenig von euch. In meinem Hause geht es jezt gottlob wieder gut, aber diesen Winter haben wir von den Masern, woran meine Frau und die drei Kinder darnieder lagen, viel ausgestanden. Dieses Frühjahr beziehen wir ein neues und ein eigenes Haus, das ich mir hier gekauft habe, es ist gar nicht größer als wir gerade brauchen, und doch kostet es 7200 Gulden, so hoch sind hier die Häuser im Preiß, und nach diesem Preiße regulieren sich verhältnißmäßig alle andern Lebensbedürfnisse. Ach, welche Freude würde es für mich seyn die liebe Mutter und Euch meine Schwestern einmal unter meinem eignen Dach bewirthen zu können! 

Die Kinder sind gar gut und machen uns zunehmende Freude. Besonders ist die kleine Caroline ein ganz angenehmes Kind und wer sie sieht, hat seine Freude an ihr. Die Knaben wachsen frisch heran und mir wird manchmal angst, wie ich am besten für ihren Unterricht sorgen soll, da die Zeit des Lernens herannaht. 

Umarme die liebe Mutter aufs herzlichste und sag ihr, daß ich den innigsten Antheil an ihrem Leiden nehme, und die besten Wünsche für sie zum Himmel sende. Auch Lotte ist ihretwegen herzlich bekümmert und dankt Dir und Deinem Mann aufs innigste für alles, was ihr an Ihr thut. Versichere ihn meiner brüderlichen Liebe, und sei versichert, daß ich ewig von ganzer Seele bin 

Dein treuer Bruder 

Fr. Schiller. 

[Adresse:] 
   an die Frau 
               Pfarrerin Frankh 
              gebohrne Schiller 
      franco                   zu 
   Heilbronn.     Clever Sulzbach.


Bemerkungen

1 Abgesandt d. 12. April nach K.
Zum Inhalt vgl. Dr. Ernst Müller, Schillers Mutter S. 180 ff.