Friedrich SchillerFriedrich Schiller

Friedrich Schiller an Gottfried Körner

Weimar 16. Jul. [Sonnabend] 1803.

Eine Excursion, die ich seit Deinem lezten Brief nach Lauchstädt gemacht1, ist schuld an meinem langen Stillschweigen. Es hat mir gut gethan ein neues Publicum und ein fremdes Menschengewühl zu sehen; man findet zwar nichts beßeres, aber doch etwas andres und der Geist gewinnt eine neue Richtung. Es war ziemlich lebhaft in Lauchstädt, und da an einem solchen Ort die Menschen aus ganz verschiedenen Punkten sich zusammenfinden, so lernt man nicht sowohl eine Stadt oder Provinz als die Nation selbst kennen; freilich nicht eben auf ihrer vortheilhaftesten Seite. Die größte Ausbeute, die ich indessen zurückgebracht habe, ist die Freude, wieder zu Hause zu seyn. 

Wegen Zelters musikalischen Verdienste kann ich, da ich die Sache nicht verstehe, mit Dir nicht rechten. Nach meinem Gefühle aber ist er ein Meister in derjenigen Composition, wo die Musik sich der Poesie als Begleiterin anschmiegt, und wo es darauf ankommt, den Character eines Gedichts zu treffen. Seine Melodie zum Taucher, zur Bajadere, zum Zauberlehrling, zu meiner Dithyrambe, u noch einig sind mir Muster in ihrer Art. 

Mich freuts daß euch meine Ballade von Rudolf von Hapsburg lieb geworden ist. Ich bin selbst mit der Art, wie ich diese Anecdote genommen und eingekleidet habe, besonders zufrieden. Das Siegesfest kann euch nicht so interessieren, weil Ihr weniger im Homer zu leben gewohnt seid. 

Ich erwarte heute noch die Braut v Messina und werde sie beilegen. 

Von den französisch Stücken die ich bearbeitet, habe ich keine Abschrift zu Hause, Du sollst sie aber binnen 8 Tagen erhalten. 

Herzlich umarmen wir euch, schreibe mir bald wieder. 

Dein 

Sch.


1 Vom 8-14 Juli. Kal. 148.  ­


Bemerkungen

1 Abgesandt nach K. d. 18. Juli.
X. Vom 19. Juni (eingetr. d. 23.). Z. Vom 25. Juli (eingetr. d. 28. Juli).
S. 58. Z. 14. a. musikalischer.