Friedrich SchillerFriedrich Schiller

Friedrich Schiller an Karl Schwarz

Weimar, den 24 März [Sonnabend] 1804. 

Hiebey erhalten Sie das Manuscript des Wilhelm Tell, so wie wir das Stück hier in Weimar geben. Wir haben mit 17 männlichen Schauspielern 30 männliche einzeln sprechende Rollen besetzt, ohne daß es nöthig gewesen wäre, die Hauptrollen zu dupliren. Jedes Theater muß sich hierin nach seinem Personale richten; es kann im Ganzen nichts darüber bestimmt werden. Ich merke in einem beyliegenden Blatt blos die Rollen an, welche durch denselben Schauspieler können gegeben werden. 

Auf ein geschicktes Arrangement bey den großen Volksscenen kommt Vieles an, und dieses kann durch keine schriftliche Vorschrift mitgetheilt werden. Eben so wenig brauch ich Ihnen vorzuschreiben, wie die Rolle des Tell zu nehmen ist. Die Rolle erklärt sich selbst: eine edle Simplicität, eine ruhige, gehaltne Kraft ist der Charakter; mithin wenige, aber bedeutende Gesticulation, ein gelassenes Spiel, Nachdruck ohne Heftigkeit, durchaus eine edle schlichte Manneswürde. Daß die Rollen des Melchthal, W. Fürst, Stauffacher, Attinghausen, Rudenz, der Bertha und Hedwig, in die besten Hände zu geben sind, brauch ich nicht zu sagen; aber auch die kleinern Rollen, wie Ruodi der Fischer, Baumgarten, Rösselmann, Reding, Johannes von Oestreich, Gertrud und Armgart, sind sorgfältig auszutheilen, und besonders ist die Rolle des Knaben Walther zu empfehlen. Uebrigens verlasse ich mich bey der theatralischen Aenderung des Stücks vollkommen auf Ihre Einsicht und Erfahrung. 

Vom Kostüme leg ich einige Zeichnungen bey. Uebrigens gilt bey diesem Stücke ganz das Kostüme des Mittelalters, und das Eigenthümliche der alten Schweizertracht ist besonders in den weiten Pumphosen; – die ganz gemeinen Landleute können zum Theil im Hemd, mit bunten Hosenträgern spielen, und viele Kleider erspart werden. Auf dem Kopf tragen Einige Barette, Andere schwarze oder bunte Hüte. 

Johann von Oestreich ist in weisser Mönchskutte; darunter kann er ein kostbares Ritterkleid und einen mit Edelsteinen besetzten Gürtel tragen, welches nach seiner Erkennung kann gesehen werden. Stier von Uri ist auf einer Seite gelb, auf der andern schwarz, und führt ein großes Kuhhorn mit Silber beschlagen. 

Im Rütli sind es die Schauspieler und nicht die Statisten, welche die Fackeln tragen und den vordern Ring bilden. Tell schießt nicht wirklich, sondern schnellt nur ab, denn der Pfeil kann in der Luft nicht gesehen werden. 

Ich setze nichts hinzu, als daß ich das Stück Ihrer Sorgfalt bestens empfehle. Hochachtungsvoll 

der Ihrige 

v. Sch.

Beylage. 

Winkelried – und Johannes von Oestreich. 
Itel Reding – und Kuoni, auch Stüßi. 
Werni – und Meier von Sarnen, auch Wanderer im 4. A. 
Frießhard – und Frohnvogt. 
Leuthold – und Meister Steinmetz. 
Rudolph Harras – und Ausrufer. 
Sigirst und Rösselmann – auch Gesellen und Handlanger. – 
Jenni und Seppi können durch Mädchen gespielt werden.

N. S. Vom Industrie-Komptoir sind mir die 25 Dukaten richtig bezahlt worden. 

Sch.


Bemerkungen

1 Abgesandt nach K. d. 26.
Vgl. Nr. 1952.