Friedrich SchillerFriedrich Schiller

Friedrich Schiller an Wolfgang von Goethe

Weimar den 6. Juni [Mittwoch] 1804.

Ich sagte Ihnen gestern Abend von dem Schritte, den ich bei unserm Herrn gethan, und heute früh erhalte ich beifolgendes Billet von ihm, welches die günstigsten Gesinnungen für mich enthält. Der Ton in welchem es abgefaßt ist, berechtigt mich zu der Hofnung, daß es dem H. ernst ist, mir solid zu helfen und mich in eine solche Lage zu setzen daß ich meine rem Familiarem zunehmen sehe. 

Ich brauche jährlich 2000 Thlr. um mit Anstand hier zu leben, davon habe ich bißher über zwey Drittheile, zwischen 14- u. 1500 Thlr. mit meinen schriftstellerischen Einnahmen bestritten. 1000 Thlr. will ich also gern jährlich von dem meinigen zusetzen, wenn ich nur auf 1000 Thlr. fixe Einnahme rechnen kann. Sollten es die Umstände nicht erlauben, meine bisherige Besoldung von 400 Thlr. sogleich auf 1000 zu erhöhen so hoffe ich von der gnädigen Gesinnung des Herzogs, daß er mir 800 für jezt bewilligen, und mir die Hofnung geben werde, in einigen Jahren das 1000 voll zu machen. Sagen Sie mir, bester Freund, der Sie meine Lage und die hiesigen Verhältnisse kennen, was Sie von der Sache denken, und ob Sie glauben, dass ich mich, ohne den Vorwurf der Unbescheidenheit, in solchen Terminis gegen den Herzog erklären kann.

S. 

[Adresse:]
   HE Geh. Rath von
           Goethe
      Hochwohlgeb.


Bemerkungen

1 Zu S. 153. Z. 5. Über das Billet des Herzogs vgl. zu Nr. 1975.