Friedrich SchillerFriedrich Schiller

Friedrich Schiller an Friedrich Cotta

Weimar, 16. October [Dienstag] 1804.

Für die Exemplare vom Tell danke ich Ihnen herzlich, theurer Freund, sie nehmen sich sehr gut aus und haben mich recht gefreut. Ich habe keines mehr nöthig, da Sie mir eine so reichliche Anzahl geschickt haben. 

Mit meiner Gesundheit fängt es seit 8 Tagen an merklich besser zu gehen. Vorher fühlte ich mich immer sehr schwach und muthlos, jezt aber kommt mit den Kräften auch die Lust zur Thätigkeit zurück. 

An ein Gedicht auf unsre Erbprinzessin habe ich nie gedacht und ich erstaune, wie man eine solche Lüge ohne alle Veranlassung erfinden kann. Denn einen Zug des Bacchus aus Indien zu dichten ist mir weder bei dieser Gelegenheit noch sonst jemals in den Sinn gekommen. Ueberhaupt möchte ich mich bei dieser Veranlassung, wo sich so viele schlechte Federn in Bewegung setzen am allerwenigsten rühren. 

Die Befreiung unsres Freundes habe ich mit großem Antheil vernommen, und ich bitte Sie, wenn Sie ihm etwa schreiben, es ihm in meinem Nahmen zu bezeugen. 

Goethe denkt jezt an eine Herausgabe seiner sämtlichen Schriften in einer HandAusgabe, ohne Pracht und Verzierung. Nach den Erkundigungen die ich darüber bei ihm eingezogen ist er gesonnen, das Werk so zu veraccordieren, daß die sämtlichen Bände im Verlauf von dritthalb Jahren erscheinen sollen und in 5 Jahren, von Erscheinung des ersten Transports an gerechnet, das Recht einer neuen Auflage an ihn heim fallen soll. Der Verleger müßte sich also freilich tummeln, um in diesem kurzen Zeitraum das Werk zu verkaufen. Wie ich ihn sondiert habe, so scheint er nicht weniger als 4 Carolin für den gedruckten Bogen zu erwarten, und er rechnet das Ganze auf etwa 380-400 Bogen. Einige ungedruckte Sachen aus seiner frühern Jugend sind darunter, auch denkt er vom Faust soviel dazu zu geben als er fertig hat, wenn er auch nicht dazu käme ihn ganz zu vollenden. 

Ueberlegen Sie Sich nun, ob Sie auf seine Vorschläge eingehen wollen, und wenn Sie dazu Lust haben, so wäre es gut ihn einmal, doch ganz im allgemeinen, um ein Verlagswerk zu ersuchen, daß er dadurch veranlaßt würde, Ihnen seine sämtliche Werke anzubieten.

Man sagt hier, daß Sie die Herderischen Schriften verlegen würden. Wenn dieß der Fall ist so wünsche ich nur, daß Sie Sich durch einen guten Accord gedeckt haben mögen, denn die Unternehmung scheint mir doch ein wenig riskant zu seyn. 

Leben Sie wohl mein werthester Freund. Meine Frau grüßt Sie beide herzlich. Ganz der Ihrige 

Sch.


Bemerkungen

Nach K. den 18. abgesandt.

Empfangs- u. Beantwortungsvermerk:
24. Okt.
26. Okt.

1 X. Vom 5. u. 6. Okt. (beide eingetr. d. 17.). Z. Vom 26. Okt. (eingetr. d. 5. Nov.).
Zu S. 180. Z. 12. Vgl. K. unter dem 12. Okt. Zu Z. 20. Cotta hatte am 6. geschrieben, er habe erfahren, daß Sch. die Erbprinzessin mit einem lyrischen Bewillkommnungsgedicht begrüßen werde: Der Zug des Bacchus aus Indien. Zu Z. 26. Sch. hat wohl schreiben wollen, meine Feder am wenigsten rühren.
Zu S. 181. Z. 12. Cotta ging gern auf den Plan ein. 1806 bis 1808 erschien die erste Cottasche Ausgabe der Werke Goethes, wofür Cotta 10000 Rthlr. zahlte. Zu Z. 17. Cotta hatte auch die Herausgabe der Werke Herders übernommen. Vgl. Z.