Friedrich SchillerFriedrich Schiller

Die Worte des Glaubens

 

Drei Worte nenn’ ich Euch, inhaltschwer.
    Sie gehen von Munde zu Munde,
Doch stammen sie nicht von außen her.
    Das Herz nur gibt davon Kunde.
Dem Menschen ist aller Wert geraubt,
Wenn er nicht mehr an die drei Worte glaubt.

Der Mensch ist frei geschaffen, ist frei
    Und würd’ er in Ketten geboren,
Lasst Euch nicht irren des Pöbels Geschrei,
    Nicht den Missbrauch rasender Toren.
Vor dem Sklaven, wenn er die Kette bricht,
Vor dem freien Menschen erzittert nicht.

Und die Tugend, sie ist kein leerer Schall,
    Der Mensch kann sie üben im Leben
Und sollt er auch straucheln überall.
    Er kann nach der Göttlichen streben
Und was kein Verstand der Verständigen sieht,
Das übet in Einfalt ein kindlich Gemüt.

Und ein Gott ist, ein heiliger Wille lebt,
    Wie auch der menschliche wanke.
Hoch über der Zeit und dem Raume webt
    Lebendig der höchste Gedanke
Und ob alles im ewigen Wechsel kreis’t,
Es beharret im Wechsel ein ruhiger Geist.

Die drei Worte bewahret euch, inhaltschwer.
    Sie pflanzet vom Munde zu Munde
Und stammen sie gleich nicht von außen her.
    Euer Innres gibt davon Kunde,
Dem Menschen ist nimmer sein Wert geraubt,
Solang er noch an die drei Worte glaubt.

 


 

Überarbeitet auf Basis folgender Quellen:

  1. Gedichte von Friedrich Schiller. Siegfried Lebrecht Crusius, Leipzig, 1804. Seite 4-28. Unveränderter Originaltext auf dieser Seite.
  2. Friedrich von Schillers sämmtliche Werke. Neunter Band. J.G. Cotta’sche Buchhandlung. 1814. Seite 4-225. Unveränderter Originaltext auf dieser Seite.