Friedrich SchillerFriedrich Schiller

Warbeck

 

Fragment aus den ersten Szenen des ersten Akts

Hof der Herzogin Margaretha zu Brüssel.
Eine große Halle. 

 

Erster Auftritt 

Graf Hereford mit seinen fünf Söhnen tritt auf. Sir William Stanley steht seitwärts an dem Proszenium und beobachtet ihn. 

Hereford.
Dies ist der heil’ge Herd, zu dem wir fliehen,
Ihr Söhne! Dies der wirtliche Palast,
Wo Margaretha, die Beherrscherin
Des reichen Niederlands, ein hohes Weib,
Der teuren Ahnen denkt, die Freunde schützt
Des unterdrückten alten Königsstamms,
Und den Verfolgten eine Zuflucht beut.
Seht um euch her! Gleich freundlichen Penaten
Empfangen euch – – –
Der edlen Yorks erhabene Gestalten.
Erkennt ihr sie – – – –
Die weiße Rose glänzt in ihrer Hand,
– – – – – –
Mit diesem Zeichen, das wir freudig jetzt
Auf unsre Hüte stecken – – –
– – – – – – 

(Streit zwischen Stanley und Hereford.) 


Zweiter Auftritt 

BelmontDie Vorigen

Belmont.
Haltet Ruhe,
Mylords! Dem Frieden heilig ist dies Haus. 

Hereford.
Hinweg mit diesem Sklaven Lancasters!
Ich floh hierher – – –
Und an der Schwelle gleich muss ein verhasster
Lancastrier die freche Stirn mir zeigen. 

Stanley.
Verräter nenn’ ich so, wo ich sie finde. 

Belmont.
Nicht weiter, edle Lords – – –
Die hohe Frau, die hier gebietend waltet,
– – – – – – –
Geöffnet hat sie ihren Fürstenhof
Zu Brüssel allen kämpfenden Parteien,
Und zu vermitteln ist ihr schönster Ruhm. 

Stanley.
Wohl! Ein willkommner Gast ist jeder hier,
Der gegen England böse Ränke spinnt. 

Belmont.
Sie ist die Schwester zweier Könige
Von York – – –
Und hilfreich, wie’s den Anverwandten ziemt,
Gedenkt sie ihres (fürstlichen) Geschlechts,
Das unterm Missgeschick der Zeiten fiel.
Wo fänd’ es Schutz auf der feindsel’gen Erde,
Wo sonst als hier an ihrem frommen Herd?
Doch auch dem Feind erweist sie sich gerecht,
Und in dem Haupt dieses edlen Lords
Ehrt sie den Abgesandten – –
– – – – – – 


Vierter Auftritt 

– – – – – – –
– – – – – – – 

Hereford.
Kommt, meine Söhne! Kommt alle! Kommt!
Mir spricht es laut im innern Eingeweide,
Er ist es! Das sind König Eduards Züge,
Das ist das edle Antlitz meines Herrn,
Auch seiner Stimme Klang erkenn’ ich wieder. 

(Sich zu seinen Füßen werfend.) 

O Richard! Richard, meines Königs Sohn! 

– – – – – – – 

Warbeck.
Steht auf, Mylord! Nicht hier ist euer Platz –
Kommt an mein Herz! – – – –
– – – – – – –
– – – – – – – 

Hereford.
– – – – Wie entkamt ihr
Den Mörderhänden? Redet! Wo verbarg euch
Des Himmels Rettungshand – –
Um jetzt auf einmal in der rechten Stunde
Uns viel willkommen zu erscheinen? 

Warbeck.
– – Jetzt nicht – Lasst mich
Den Schleier ziehen über das Vergangne.
Es ist vorüber – ich bin unter euch –
Ich sehe von den Meinen mich umgeben.
Das Schicksal hat mich wunderbar geführt.
– – – – – – –
– – – – – – – 

Margaretha.
– – – – – – –
– – – – – – –
Richard von Gloster stieg auf Englands Thron;
Des Bruders Söhne schloss der Tower ein.
Das ist die Wahrheit, und die Welt will wissen,
Dass Tirrel sich mit ihrem Blut befleckt.
Ja, selbst den Ort bezeichnet das Gerücht,
Der ihr Gebein verwahren soll – –
Doch Nacht und undurchdringliches Geheimnis
Bedeckte jenes furchtbare Ereignis
Im Tower – nur die späte Folgezeit
Hat jetzt den Schleier davon weggezogen.
Wahr ist’s, der Mörder Tirrel ward geschickt,
Die Prinzen zu ermorden; einen Macht-
Befehl vom König Richard zeigt’ er auf;
Der Prinz von Wallis fiel durch seinen Dolch.
Den Bruder sollte gleiches Schicksal treffen;
Doch sei’s, dass das Gewissen des Barbaren
Erwachte, dass des Kindes rührend Flehen
Sein eisern Herz im Busen wankend machte –
Er führte einen ungewissen Streich
Und grauend vor der fürchterlichen Tat
Entfloh er – – – – –
– – – – – – –

 

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